Diepgens Charme betört Frauen nicht

■ Unmut unter Frauen in der CDU, weil Parteichef Eberhard Diepgen nur männliche Christdemokraten in den neuen Senat geholt hat/ Gertrud Höhler und Irina Schlicht abgeblitzt/ CDU-Frau kritisiert: »Die Partei versäumte die Nachwuchsförderung«

Berlin. Jetzt weinen die Männer heimlich. Nachdem er keine einzige christdemokratische Frau mit einem Senatorenamt betraut hatte, gelobte CDU-Chef Eberhard Diepgen vor der Fraktion Besserung und versprach, bei der Besetzung der Staatssekretärsposten nachzubessern. Das kolportierten gestern einige weibliche CDU-Abgeordnete im Rathaus Schöneberg. Ihrem Ärger über die gleichgeschlechtliche CDU-Liste tut das allerdings keinen Abbruch. »Ich bedaure das natürlich«, sagt die Steglitzer Abgeordnete Barbara Saß- Viehweger. Christa-Maria Blankenburg findet »das Besetzungsverfahren nicht sehr glücklich« und auch ihre Fraktionskollegin Irina Schlicht macht die Entscheidung des designierten Regierenden Bürgermeisters »nicht sehr glücklich, überhaupt nicht«.

Schlicht flüchtet sich in Sarkasmus. »Das ist eine Mannschaft im wahrsten Sinne des Wortes«, sagt sie. Freilich haben die CDU-Frauen auch gleich einige Entschuldigungen parat. Eberhard Diepgen und sein Männerfreund, Fraktionschef Klaus Landowsky, hätten zwei Absagen von prominenten Frauen bekommen, heißt es. Freilich gab es auch Zusagen, die den regierungswilligen Frauen aber nichts nutzten, weil die für sie vorgesehene Ressorts an die SPD ging. So hätte Gertrud Höhler, die Paderborner Literaturwissenschaftlerin und Unternehmensberaterin, als Kultursenatorin zur Verfügung gestanden, wird in CDU-Kreisen berichtet. Auch Irina Schlicht hätten einige Christenmänner für ministrabel gehalten — wenn, leider, das Frauenressort nicht an die SPD gegangen wäre ...

Christa-Maria Blankenburg sieht darin keine Entschuldigung. Die meisten Männer ließen sich in ihren Ambitionen auch nicht auf ein einziges Fachgebiet einengen, argumentiert sie. Eine echte Hürde für Frauen sei das »Anforderungsprofil« in der CDU, analysiert Irina Schlicht. »Durchsetzungsvermögen und Mitarbeiterführung« seien wichtige Fähigkeiten. Eher als Frauen könnten Männer den Eindruck erwecken, sie seien mit diesen Talenten ausgestattet.

Irina Schlicht sieht das Problem aber noch grundsätzlicher. Die CDU habe es versäumt, weiblichen Nachwuchs zu fördern, kritisiert sie. Im Gegensatz zu SPD oder AL hätten es die Christdemokraten bis heute nicht geschafft, Bezirksstadträtinnen aufzustellen. Deshalb sei der Sprung auf die Senatorenebene für Berliner CDU-Frauen erfahrungsgemäß schwierig und die Parteispitze sehe sich gezwungen, auswärts zu suchen.

Dieser Analyse stimmt auch CDU-Fraktionssprecher Ansgar Vössing dankbar zu: »Da hat Frau Schlicht recht«, meint er, »selbst guten Frauen wird es häufig nicht leicht gemacht.« Weil Frauen mit Verwaltungserfahrung fehlten, hätten auch die Bemühungen von Diepgen und Landowsky nichts gefruchtet. Die Ex-Senatorin Hanna-Renate Laurien, jetzt immerhin Abgeordnetenhauspräsidentin, sieht das ähnlich: »Da nützt auch der Charme von Herrn Diepgen nichts, wenn die Kandidatinnen nicht wollen.« hmt