Im tristen Plattenbau teuer wohnen

Mieterhöhungen in den Neubundesländern/ Wohngeld kann Mehrkosten nicht ausgleichen  ■ Aus Berlin Eva Schweitzer

„Unsere Rentnerinnen sind in Panik, die drohen schon, den Strick zu nehmen“, sagt Günter Weißkopf vom Berliner Mieterverein. Die Mieten in der ehemaligen DDR werden sich bis Oktober dieses Jahres etwa vervierfachen. Für eine voll renovierte Altbauwohnung in der ehemaligen DDR wird man gar eine Warmmiete zwischen 1.000 und 2.000 Mark auf den Tisch legen müssen.

Dabei beträgt die Grundmietenerhöhung, die zum 1. Oktober diesesJahres ansteht, im Schnitt nur eine Mark pro Quadratmeter — das entspricht einer Verdoppelung. Ein Vielfaches an Kosten entsteht, weil die OstmieterInnen künftig die Betriebskosten, die Heizung und das Warmwasser teils ab 1. April, teils ab 1. Oktober bezahlen müssen. Das war bisher umsonst.

Dazu kommt gegebenfalls noch eine Modernisierungsumlage in Höhe von elf Prozent der Baukosten pro Jahr und eine Instandsetzungsumlage in gleicher Höhe, die auch die MieterInnen im angegammelten Honecker-Plattenbau betrifft, wenn diese saniert werden müssen. Eine Altbauwohnung gründlich zu renovieren, kostet in Berlin doppelt so viel wie in Westdeutschland, denn dort darf Instandsetzung nicht umgelegt werden. Die Begründung der Bundesregierung für die Ungleichheit: Schließlich hätten die DDR- Vermieter keine Rücklagen für die Instandhaltung bilden können.

Freilich kann man gegen eine zu teure Modernisierung vor Gericht ziehen. Aber zum einen dürften die inzwischen mit westdeutschen Amtsrichtern bestückten Ostgerichte kaum eine Instandsetzung mit Zentralheizungseinbau als Luxusmodernisierung einstufen. Zum anderen räumen Gerichte den MieterInnen meist nur eine verlängerte Frist zum Suchen einer neuen Wohnung ein. In Westdeutschland führte und führt private Modernisierung zur Verdrängung sozial schwacher MieterInnen. Deshalb wird vom Mieterbund, aber auch von SPD und Grünen gefordert, diese elfprozentige Umlage auf höchstens sieben Prozent zu senken.

Eine Senkung ist aber von der Bundesregierung kaum zu erwarten. Vor einer Woche hat die Bonner Koalition beschlossen, westdeutsche Mieten bei bestehenden Mietverhältnissen nur für teure Wohnungen, die vor 1981 gebaut wurden, und auf fünf Jahre zu beschränken. Mehr Mietbegrenzung ist von einer Bauministerin, die der FDP angehört, wohl nicht zu erwarten. Das FDP- Credo war bisher: Wohnungsnot ist nur durch Wohnungsbau zu beseitigen und der lohne sich nur bei höheren Mieten. Wohngeld, von der Bundesregierung als Allheilmittel gepriesen, hilft den Mieterinnen der Neuen Bundesländer nur begrenzt. Denn hundert Mark Mieterhöhung ziehen bei weitem nicht hundert Mark mehr Wohngeld nach sich. Die Höchstgrenze für Wohngeld in der ehemaligen DDR liegt für Alleinstehende zwischen 220 und 380 Mark, je nach Standard der Wohnung. Bei einer fünfköpfigen Familie beträgt das maximale Wohngeld zwischen 450 und 775 Mark.

Nun muß all diesen Regelungen noch der Bundesrat zustimmen, wo die CDU-regierten Länder die Mehrheit haben. Aber CDU-Länder sind eben auch hauptsächlich von den Mieterhöhungen betroffen, denn in fünf von sechs DDR-Ländern, einschließlich Berlin, stellt die CDU den Regierungschef. Die Länder jedoch, so beschloß es die Bundesregierung, müssen die Subventionen für die Mieten zahlen, solange diese nicht kostendeckend sind. Und das sind bei derzeitigen Mieten runde 25 Milliarden Mark im Jahr für die gesamte Ex-DDR. Dazu kommen noch Altschulden in Milliardenhöhe aus dem Plattenbau.

Die Länder erhalten für 1991 aber nur eine Mittelzuweisung aus der Altrepublik von 17,85 Milliarden Mark aus dem „Fond deutsche Einheit“ für sämtliche Ausgaben — weitere 11,09 Milliarden Mark bekommen die Gemeinden. Der restliche Länderhaushalt wird aus Steuern oder Krediten finanziert. Wenn die Länderchefs also nicht sofort allein wegen der Mietsubventionen Konkurs anmelden wollen, tun sie gut daran, den Mieterhöhungen im Bundesrat zuzustimmen.