...in einem Loch in Brixton, noch!

■ Punx not dead! Ein Gründervater des Punk im Interview: Charlie Harper von den Londoner „UK Subs“

Charlie Harper von den Londoner UK Subs ist ein Künstler am Rande des Existenzminimums. Seit 14 Jahren ist er der Kopf der Gruppe, ein Urvater des Punk, der auch vorgestern im Bremer Wehrschloß unverändert wild über die Bühne tobte. Die taz sprach vor dem Konzert mit ihm.

taz: Charlie, du bist so etwas wie ein Punk-Methusalem mit deinen 46 Lebensjahren. Deine Musik hat sich in den letzten zehn Jahren nicht viel verändert, einige deiner heutigen Songs sind so alt wie die Subs selbst.

Charlie Harper: Viel ist wirklich nicht anders geworden. Die Songs, die ich heute schreibe, sind nur besser als die alten. Aber trotzdem: „I couldn't be you“ ist verdammte 21 Jahre alt und wird immer besser. Dieses Speed-Metal-oder Noise-Getue, das gerade in ist, hält sich doch nur ein, zwei Jahre.

Ich persönlich kann natürlich nicht mehr ewig weitermachen, das wäre nicht gut. Noch finde ich das Herumtouren toll, besonders in Deutschland, da ist das Essen besser als in England, die Klubs übrigens auch. Aber ich denke, in etwa zwei Jahren werde ich mich mehr dem Malen zuwenden und alles in Farben und Formen fassen, was ich so erlebt habe.

Beim Malen habe ich zwar noch keinen Namen, aber bis dahin schreibe ich Songs für andere Bands, für die Guns'n'Roses zum Beispiel.

Du willst doch wohl in deinem Alter auch mal finanziell besser dastehen?

Klar, noch wohne ich mit meiner Freundin in einem Loch in Brixton. Ich könnte mehr für andere machen, dann wäre ich vielleicht reich. Ganz bestimmt wäre ich schon ökonomische „middle- class“, wenn ich das in den Staaten machte. Aber es geht ja um mehr. Wir, und damit meine ich die UK Subs, sind wirklich the real poor boys. Wir kommen aus dem armen Süden Londons, da kennen wir die ganze Scheiße, die da abläuft. In dieser Umgebung haben sich die Leute auf Punk eingelassen. Das war ja nicht nur Musik. Das hatte eine Anti-Medien-Dimension, war gegen bestehende Politik, gegen Konventionen und Traditionen. Alternative Denkweisen trafen sich und formten unabhängige Lebensstile. Die Zeit war reif für Revolutionen, Punk und Klassenkampf, das gehörte zusammen.

Fein. Aber jetzt haben wir 1991. Bei euch regieren immer noch die Tories und in Arabien donnern die Kanonen. Was sagst du dazu?

Wir sind anti-modisch, damals wie heute. Wenn du mich fragst, warum ich keinen Song zum Krieg mache: Ich fühl mich nicht im Zugzwang, ich habe das schon vor Jahren so oft gemacht. Wir wissen doch nicht erst seit heute, wie die britische Wirtschaft genau die Staaten unterstützt hat, die nun wiederum mit britischer Technologie bombardiert werden. Ihr Deutschen kennt das doch auch.

Aber was ist denn nun mit dem „Punkismus“?

Punk ist mit der Zeit sehr politisiert worden, da spielte die Musik kaum noch eine Rolle, bye bye to music. Dann klinkten sich andere Bands ein, die mit den politischen Inhalten nichts zu tun hatten, die Musik-Industrie wollte immer etwas Neues — nur wir haben da nicht mitgemacht. Die Punk- Schiene lebt, schau dich heute abend um, es ist gerammelt voll. Unsere Inhalte stimmen noch, wir sind auf Monate ausgebucht.

Triffst du nur junge Leute oder auch welche in deinem Alter?

Alter hat für mich keine Bedeutung. Aber wenn ich mal mit den Eltern unserer Fans rede, dann sind die so alt wie ich.

Fragen und Übersetzung: Cool J.F.