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Der heiße Tanz der rauchenden Socken

■ Monica Seles und Jana Novotna gewannen auf dem glühenden Court von Melbourne ihre Halbfinals

Melbourne/Berlin (dpa/taz) — Wie Stepphühner auf der heißen Herdplatten mußten sich die Tennisspielerinnen im Halbfinale der Australian Open vorgekommen sein: 56 Grad warm war ihr Arbeitsplatz, der Centre Court von Melbourne. So tat eifrigste Beinarbeit Not.

Doch Monica Seles, die gegen Mary Joe Fernandez steppte, hatte neben den bekannt eisernen Nerven offenbar auch die unbekannt dicksten Fußsohlen. Zumindest im zweiten Satz, den sie ohne rechte Kampfeslust und mit verminderter Phonzahl 0:6 abgab. „Ich war schon müde, als ich auf den Platz kam“, entschuldigte sich die 17jährige Jugoslawin, die nach eigenen Aussagen „mächtig Glück“ hatte, gewonnen zu haben. „Am Ende wäre ich sogar erleichtert gewesen, daß es vorbei ist, wenn ich verloren hätte.

Doch der mit 6:3 gewonnene erste Satz war weniger ein Resultat von Glück als vielmehr eine direkte Folge knallharter Schläge um die Ohren der amerikanischen Gegnerin. Die zwar im zweiten Satz oben genannte Genugtuung verspürte, sich im dritten Durchgang jedoch wieder heftigen Bemühungen der wiedererwachten Seles ausgesetzt sah: Im 92 Minuten langen dritten Satz nahm Monica Seles der 19jährigen Amerikanerin gleich zweimal den Aufschlag ab, ging 3:0 in Führung, bis ihr erneut die Luft ausging. „Ich hatte keine Energie mehr.“

Fernandez ahnte ihre Chance, pirschte sich beim Stand von 6:5 bis zum Matchball heran — und vergab. Monica Seles nahm ihr zur Strafe und unter altbekanntem Gestöhne den nächsten Aufschlag ab und gewann schließlich völlig erschöpft und mit qualmenden Socken 9:7.

Weniger aufregend ging es in dem mittelmäßigen Halbfinale zwischen Jana Novotna und Arantxa Sanchez zu. Der temperamentvollen und sonst allzeit spaßenden Spanierin war vor lauter Nervosität das Lachen vergangen. Ihre Vorstellung erinnerte in keiner Phase an das begeisternde Viertelfinale gegen Gabriela Sabatini. Im zweiten Satz wurden in zehn Spielen sieben Aufschlagverluste gezählt. Denn auch Jana Novotna lieferte trotz ihres 6:2, 6:4-Sieges alles andere als eine Glanzleistung. Die meiste Kraft verbrauchte die Tschechoslowakin durch gleichsam wilde wie verbissene Angriffe auf die sie umschwirrenden Käfer, die traditionell die Australien Open in direkter Sportlernähe begleiten.

Insgesamt hielt Novotna den Kraftaufwand vor dem Finale gegen Monica Seles in Grenzen. Die beiden Endspielgegnerinnen hatten erst einmal miteinander das Vergnügen: 1989 in Zürich gewann Novotna 7:6 und 6:4. miß

Frauen, Halbfinale: Novotna — Sanchez 6:2, 6:4, Seles — Fernandez 6:3, 0:6, 9:7.

Männer, Doppel, Halbfinale: Scott Davis/David Pate (USA) — Jeremy Bates/Kelly Jones (Großbritannien/ USA) 6:1, 4:6, 6:4, 5:7, 9:7, Patrick McEnroe/David Wheaton (USA) — Todd Woodbridge/Mark Woodforde (Australien) 7:5, 6:4, 6:1.

Mixed, Halbfinale: Scott Davis/Robin White (USA) — John Fitzgerald/ Elizabeth Smylie (Australien) 6:4, 5:7, 8:6, Jeremy Bates/Jo Durie (Großbritannien) — Mark Kratzmann/Pam Shriver 7:5, 6:4.

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