„Irgendetwas ist faul“

■ Die sowjetischen Presse über den Rubel-Umtausch NOCH MIT GLASNOST AUF DU UND DU

Moskau (adn) — Der sogenannte Blitzkrieg von Premierminister Pawlow gegen die ungedeckt vagabundierenden Rubel-Milliarden wurde in der sowjetischen Presse am Donnerstag durchweg als stümperhaft vorbereitete Aktion mit noch nicht absehbaren Folgen beschrieben. Auf den Titelseiten ist der Geldwechsel der große Scheine das Thema Nummer 1: „Das Geld verschwindet um Mitternacht“ ('Komsomolskaja Prawda‘), „Sparkassen im Belagerungszustand“ ('Rabotschaja Tribuna‘), „Hauptereignis in der Stadt — Riesenschlangen vor den Filialen der Sparkassen“ ('Moskowskaja Prawda‘) und „Sind hundert Rubel etwa kein Geld?“ ('Iswestija‘).

Vor allem die kleinen Leute fühlen sich betrogen, wurde aus dem ganzen Land berichtet. Die bevorstehende Bürokratie und Lauferei verängstigt die Menschen. Wie 'Sowjetskaja Rossija‘ meldete, sei allein in Moskau wegen der „Geld- Schocktheraphie“ in der Nacht zum Mittwoch die Erste Hilfe in 300 Fällen ausgerückt.

„Vor unseren Augen spielt sich die absurdeste aller Regierungsmaßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft ab“, kommentierte der 'Moskowskij Komsomolez‘. Bei der „totalen Finanzinspektion“ werde den Leuten versprochen, daß sie alles heil und voll zurückbekämen. „Aber keiner sagt wann, in welcher Form und ob Überhaupt ... Irgendetwas ist hier faul. Verständlich, daß die Menschen nervös sind. Und wir wollen nicht beschreiben, was in den langen Schlangen bei der ,freiwilligen Rückgabe‘ des Geldes an den Staat geschimpft wird ... Die ,Mafiosi‘, die unter der Regierungsmaßnahme hauptsächlich leiden, sind die Rentner und jungen Familien. Die einen, weil sie für den Todesfall gespart haben und die anderen, weil sie einen Fernseher kaufen wollten. Die einen müssen das Sterben verschieben, die anderen das Leben. Und das nennt sich soziale Gerechtigkeit?“ Die richtigen Mafiosi seien längst vom Rubel ins Gold, auf Wertgegenstände und auf Dollar umgestiegen.