Die Angst in den Chefetagen

Deutschlands Manager überfällt das große Zittern. Seit Ausbruch des Golfkrieges wohnt die Angst in den Chefetagen deutscher Firmen. Viele Bosse haben ihren Untergebenen verboten, vor allem auf innerdeutschen Dienstreisen ein Flugzeug zu benutzen. Bei der Mercedes-Benz AG in Stuttgart lautet die Empfehlung, bei Reisen „größte Vorsicht walten zu lassen“. An Reisetermine werden strenge Maßstäbe angelegt, die Reise darf nur dann angetreten werden, wenn sie unumgänglich ist. Bei BMW und Siemens in München steigen viele freiwillig auf Auto oder Zug um oder greifen „lieber zum Telefon“, um ihre Geschäfte zu erledigen. Böhringer in Mannheim empfiehlt den Mitarbeitern innerdeutsch die Schiene. Flüge sollen auf keinen Fall von Frankfurt oder Düsseldorf aus angetreten werden und britische, amerikanische und französische Fluglinien sind zu meiden. Für „unbedingt notwendige Auslandsflüge“ nehmen die Leute von Apple Computer (München) die Swissair, die gilt als am wenigsten gefährdet. Auch wenn die Luftverkehrsgesellschaften genaue Zahlen noch nicht herausrücken, so steht doch fest, daß die Passagiere wegen des Golfkrieges in goßen Mengen ausbleiben.

Die Flugangst hat auch viele Unterhaltungskünstler in ihrem kalten Griff. Das hat zur Folge, daß einige Festlichkeiten mangels prominenter Masse ausfallen müssen. In Cannes, beim 25. Internationalen Schallplatten-, Musik- und Videomusikmart (MIDEM) mußte die für letzten Samstag geplante Eröffnungsgala abgesagt werden. Da die US-Stars ausblieben, verlor auch Kulturminister Jack Lang, der die Veranstaltung eröffnen sollte, jegliches Interesse. Das ganze Spektakel ging den Bach runter.

Die größten Angsthasen sind wieder einmal die Hollywood-Schauspieler. Mit Herz in der Hose und schwerbewaffneten Leibwächtern auf dem englischen Rasen sind sie gerade dabei, sich einzuigeln. Gavin DeBerker, der zahlreiche Stars in Sicherheitsfragen berät, ließ wissen, der Golfkrieg habe viele seiner Kunden zur Erweiterung ihrer Sicherheitsmaßnahmen veranlaßt, insbesondere die eingehende Post werde stärker kontrolliert. Weitere Einzelheiten wollte DeBerker nicht nennen, um dem Feind keine Hinweise zu geben.

Die US-Mimen sind also erst mal weg vom Fenster. Mal abwarten, wie lange es dauert, bis die Traumfabriken sich daran machen, den Golfkrieg auf die Leinwand zu bannen, dann stehen auch die Stars wieder in der ersten Linie. Karl Wegmann