Harrys Geburtstag

■ Warum Harry Ristock seine Party ausfallen ließ

Berlin. Als er im Mai vergangenen Jahres sein Laubenpieperfest feierte, da trank Gysi Schampus mit Schwierzina, kitteten Renate Künast (AL) und Ditmar Staffelt (SPD) ein letztes Mal beim Bier die brüchige Koalition, philosophierten linke Journalisten mit CDU- Abgeordneten übers Motorradfahren oder die Kunst, um wenigstens einmal das Rathaus zu vergessen. Wenn der ehemalige Berliner Bausenator und das linke Gewissen der SPD zu seiner jährlichen Feier lädt, dann kommen alle. Und hinterher sind alle zufrieden. Doch das Feiern hat seine Zeit. Und die Zeiten sind nicht zum Feiern.

Am Sonntag, am 20. Januar, ist er 63 Jahre alt geworden. Am Golf begann der dritte Tag des Krieges. Harry Ristock hatte keine Lust zum Feiern. »Sonst lade ich ja ein«, meint er, doch im Moment »kann man keine großen Feten machen.« Nur Familie Ristock und ein paar sehr gute Freunde ehrten das Geburtstagskind, und Geschenke, meint Harry Ristock, seien an einem solchen Tag Nebensache.

Natürlich lief an diesem Tag der Fernseher wie sonst auch seit Beginn des Krieges. Das TV sei zwar ein Narkotikum, das die »Menschen frißt«, doch dieser Krieg habe die Menschen in einer »unglaublichen Weise erwischt«. Das findet er eigentlich gut. Schlimm wäre es, meint er, wenn alle zur Tagesordnung übergingen.

Kurz vor der Anfrage der taz hat Ristock eine Einladung zu einem Ball ausgeschlagen. Nicht weil im Knigge stehe, daß man in Kriegszeiten Ballnächte zu meiden habe, sondern weil er selbst nicht könne. Ob man zu Kriegszeiten feiere, sei jedermanns Sache selbst und eine »verflucht sensible Geschichte«. ccm