Die neue Kriegsmode

In Paris rüsten zwanzig große Modeschöpfer zum fröhlichen Wettstreit der Haute-Couture-Kollektionen für das kommende Frühjahr. Der tödliche Wettstreit der Waffenkollektionen am Golf hat dabei einen starken Einfluß auf die französische Glamour- und Luxusbranche, denn die Modemacher müssen in diesem Jahr den letzten Rest ihrer strapazierten Phantasie mobilisieren, um überhaupt ein paar Käufer anzulocken. Viele der schwerreichen Kundinnen, insbesondere aus den USA und den Golfstaaten, die traditionell zum Fashion-Trip nach Paris reisen, werden diesmal zu Hause bleiben. Die Angstpsychose geht so weit, daß einige Ausländerinnen bei den Defilees ausdrücklich auf einen Platz in der letzten Reihe bestanden, möglichst nahe beim Ausgang. Einige der teuren Topmodels haben ihre Teilnahme ebenfalls abgesagt.

In mehreren Häusern breitet sich allmählich ein leichte Panik aus. So bei Louis Feraud, wo die Hälfte des Haute-Couture-Geschäfts mit dem Nahen Osten erzielt wird: „Wir haben Einbußen“, gesteht der Couturier, „denn wir arbeiten für rund dreißig arabische Prinzessinen, durch die unsere Ateliers zwischen den Kollektionen ausgelastet sind.“ Auch bei Nina Ricci kommen 60 Prozent der Kundschaft für die Luxusfummel aus dem Nahen Osten. Den Rückgang der Nachfrage nach Traumkreationen für 150.000 Francs und mehr soll bei Ricci eine neue Abteilung „Petite Couture“ mit einem Dutzend Modellen zu erschwinglichen Preisen ausgleichen. Chanel hat keine Schwierigkeiten. Das Haus verkauft weiterhin 500 Modelle im Jahr. Bei Yves Saint Laurent gibt es ebenfalls keine Probleme. Seine Kundinnen sind vor allem Europäerinnen und Amerikanerinnen. Christian Lacroix verzeichnet gar einen um 20 Prozent gestiegenen Absatz. Der flotte Karl Lagerfeld glaubt sogar, daß „Krisen und Konflikte die Kreation beflügeln“. Das trifft auf jeden Fall auf den US- Modeschöpfer Andre Van Pier zu. Statt Handtaschen baumeln Gasmasken lässig von den Schultern seiner Mannequins, die außerdem Tarnkleidung in Leuchtfarben und kugelsichere Westen tragen. Die jüngste Kollektion des 29jährigen heißt treffend „Kriegsmode“. Den Vorwurf der Geschmacklosigkeit weist Van Pier weit von sich. Ganz im Gegenteil, die Soldaten könnten sich mit seiner Mode identifizieren und deshalb auch nicht gekränkt sein. Sein Bruder kämpfe in Saudi-Arabien, prahlt der Modeschöpfer, und der sei „ganz wild“ auf die Klamotten. Karl Wegmann