Biologisch, praktisch, gut?

■ Zweifel an Geschäfts- und Reinigungsmethoden der Umweltschutz Nord

Die Stadt Verden hatte ein Problem. Das liegt jetzt in Bremen. Auf dem Gelände der Verdener Stadtwerke waren „Altlasten“ im Boden entdeckt worden. Eine beauftragte Firma versuchte, das vor allem mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und Zyaniden verseuchte Erdreich an Ort und Stelle mit einer Waschanlage zu reinigen. Das Ergebnis war unbefriedigend. Doch mittlerweile sind die Verdener aller Sorgen ledig. Die noch zu entseuchenden 4.500 Tonnen Altlast liegen jetzt im ehemaligen Bremer Hüttenhafen. 385 Mark pro Tonne, zahlbar an die Firma Umweltschutz Nord, kostet die Verdener ihr gutes Gewissen.

„Ein renommiertes Unternehmen, astrein, was die machen“, pries der Verdener Stadtwerke- Geschäftsführer die Entsorger an. In Bremen ist man da zumindestens geteilter Meinung. Mehrfach ist die Umweltschutz Nord in der Vergangenheit in die Schlagzeilen geraten. Firmengründer und Geschäftsführer Kurt Lissner hatte großzügig Urlaubsgutscheine für seine Ranch in Texas an Behördenmitglieder in Niedersachsen und Bremen verteilt.

Der ehemalige Münchehagen- Beauftragte des Niedersächsischen Landesamtes für Wasserwirtschaft in Hildesheim, Lutz Gerschler, mußte darüber schon den Hut nehmen. Die Ermittlungen gegen den Bremer Umweltbeamten Hans W. schleppen sich endlos hin, weil die Rechtsabteilung der Umweltbehörde die Akte wegen eines möglichen Disziplinarverfahrens monatelag aus dem Verkehr zog.

„Humusqualität"

Aber nicht nur die bestechungsverdächtigen Geschäftsmethoden der Firma, auch das Reinigungsverfahren ist umstritten. Als das aus Ganderkesee stammende Unternehmen sich 1988 auf dem ehemaligen Mobil-Oil-Gelände im Hüttenhafen ansiedeln wollte, wurde es von Umweltsenatorin Eva-Maria Lembke-Schulte mit großen Vorschußlorbeeren bedacht, denn: „Intelligente Aufbereitungsverfahren sind für die Umwelt mit Sicherheit besser als Verbrennen oder Deponieren.“ Inzwischen aber haben Umweltschutzverbände wie der BUND Zweifel an der Unbedenklichkeit des Verfahrens angemeldet.

Die mit ihrem „Terraferm Biosystem Erde“ behandelten Problemböden sollen laut Auskunft der Firma wieder Humusqualität erhalten und in Landwirtschaft und Gartenbau eingesetzt werden können. Bakterien und Pilze, die größtenteils schon im Boden vorhanden sind, „fressen" PAKs und andere Kohlenwasserstoffe und zerlegen sie dabei in „harmlose Substanzen“ (Firmenwerbung).

Der BUND sieht das anders. Sein Arbeitskreis Altlasten hat auf Bundesebene 80 Anbieter biologischer Reinigungsverfahren unter die Lupe genommen. Die Umweltschutz Nord gehört zu den „schwarzen Schafen, die unter Verdacht stehen, ihre Verfahren mit unlauteren Methoden zur Anwendung zu bringen“. Denn: die im Hüttenhafen gelagerten Böden werden während der Behandlung mehrfach gewendet. Dabei entweicht ein Teil der Schadstoffe unkontrolliert in die Luft. Ob die von den Microorganismen verarbeiteten PAKs tatsächlich zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut, zu krebserregenden Carbonsäureverbindungen (Metaboliten) umgebaut werden, sei durch die bisherigen Analyseverfahren nicht zu erfassen, so Wilhelm Püttmann, Wissenschaftler der Technischen Hochschule Aachen.

Gutachten gefordert

Bedenken kamen mittlerweile auch dem Beirat Gröpelingen. Seine Zustimmung zu der Ansiedlung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens im Dezember 1989 zog er zurück. Die Gröpelinger forderten von der Umweltbehörde ein Gutachten über das „Terraferm“-System.

Die Fragestellungen für das Gutachten wurden gemeinsam mit den BUND erarbeitet, so Georg Musiol von der Umweltbehörde. Die Untersuchung werde von einem Institut der Universität Hamburg „in Abstimmung“ mit dem Aachener Professor Püttmann durchgeführt. „Demnächst“ soll mündlich über erste Tendenzen berichtet werden, für das Frühjahr wird mit dem Ergebnis gerechnet. Solange arbeitet die Umweltschutz Nord weiter — mit „vorläufiger Betriebserlaubnis". asp