Halali im Winterschlußverkauf

■ Die Textiljagd begann ohne Hauen und Stoßen

Auf dem Hochsitz auf der PirschFoto: Sabine Heddinga

Die Pirsch begann um acht. Früher als sonst öffneten die meisten Jagdreviere zwischen Sögestraße und Obernstraße gestern ihre Pforten. Die Schnäppchensaison war eröffnet.

An Trophäen bestand kein Mangel. Vor allem im Dickicht der Textilwälder äste billige Beute: Spaghettihemder, leicht mit fünf Mark zu erlegen, Flanellhemder für paar Markfünfzig, und wer ganz viel Geduld hatte, konnte auch schon mal einen patenten Bademantler für knapp 40 Mark aufs Korn nehmen. Stolze Achtzehn-Knöpfer lauerten auf einer Mantellichtung, dort hingen ahnungslose Kapuzenjackler schlaff am Bügel.

Doch an JägerInnen mangelte es. „Nach einer Schwächephase in den frühen Morgenstunden entwickelte sich die Jagd erst im Laufe des Tages“, erklärte der Geschäftsführer des Karstadt-Waldes, Hans-Hinrich Blumenberg. Wegen der großen Hatz am Golf hielten sich viele BremerInnen bedeckt. Wer gestern jagen ging, der holte sich vor allem Haushaltswäsche und Textilbekleidung aller Art vor die Flinte. Handtücher und Bettwäsche füllten die Beutesäcke der BremerInnen.

Auch in den Luxus-Gehegen der Bremer City herrschte Safari-Stimmung. Wer läßt es sich schon nehmen, einen seltenen Seidenhemder für knapp 50 Mark auf die Kimme zu nehmen. Wer brät nicht schon mal mit Wonne ein paar Mchen auf einen echten Pelz? Selbstgekauft ist halb gefangen.

In diesen Jagdrevieren darf ohne Waffenschein gedonnert werden, es reicht ein einfacher Geldschein aus voller Börse. Die Schlacht am Grabbeltisch ist out, es kommt die Zeit des gesitteten Stöberns. Dabei gibt es allerdings schon ein paar feine Unterschiede: Wer mit 100er Munition um sich ballert, hat in der Regel eine höhere Trefferquote als der, der sich mit einfachen Handzehnern ausgerüstet hat.

Zum Abschuß freigegeben sind übrigens wesentlich mehr Produkte, als die Saison vermuten läßt. Aufmerksame Jäger dürften im Winterschlußverkauf auch billige Tapeten oder Bordüren erlegen, selbst Heimwerkern dürfte das Waidherz im Angesicht eines schlafenden Werkzeugkoffers höherschlagen, wenn der um mehr als die Hälfte reduziert worden ist. Weiter im Angebot: Geringelte Gartenschläuchler in verschiedenen Längen und Durchmessern, Wintersport-Ausrüstung für die Jagd am Hang und Billigtöpfe aus der Eintopfsaison.

Für kurze Pausen schleichen sich erfahrene Jäger hin und wieder an eine Versorgungsbude durch. Auch wer sich nur um des Abenteuers willen auf die Jagd begibt, kommt auf seine Kosten. Frohlocken, wenn man in einer Umkleidekabine einem lästigen Mitkonkurrenten einen kapitalen Kapuzer abjagt, stolz, wenn man nach langer Jagd einen Anorak erlegt. Dabei sollte man sich aber rechtzeitig vor der Jagd über seinen Gesundheitszustand im klaren sein. Die Galeria-Horten meldete einen Waidmann, dem just auf der Rolltreppe die Beine versagten. Heil! mad