Standbild: Fußmassagegeräte für alle

■ "Ruck Zuck" und "Stadt, Land, Fluß", zwei Spielshows auf Tele 5

Zwei Wochen totale Kriegsberichterstattung haben Nerven gekostet — keine Frage, da muß Saddam Hussein kein Nervengas nach Deutschland zurückschicken. Wohin einen die Fernbedienung auch geleitet, überall schäumen die Moderatoren der größten Show seit der Weltmeisterschaft von „Truppenbewegungen, Opfer bringen, Steuererhöhungen, Raketenalarm“. Niemals waren wir so bedroht wie heute, bedroht von fanatischen Moslems da draußen und von verhätschelten Friedensdemonstranten der Heimatfront. Das Fernsehen hält uns auf Trab, rund um die Uhr, kaum eine Verschnaufpause, wir stehen wieder mitten im Krieg.

Es sei denn, wir schalten zufällig mal auf Tele 5. Dort ist die Welt noch in Ordnung. Eine synthetische Fanfare schmettert, eine postmoderne Studiotür wird angestrahlt, aus der auch schon der Moderator herausjoggt. Alles freundlich und fröhlich. Prasselndes Klatschen von der Applaus-Tonkonserve. Nur die nötigsten Kameraeinstellungen. Hier geht es rasch und schmerzlos ab. Die Kandidaten, die kommen, sind Menschen wie du und ich. Die Aussicht, eine nagelneue Wäscheschleuder zu gewinnen, ist wesentlich aufregender als die, einen nagelneuen Ölkrieg zu verlieren. Bei Ruck-Zuck müssen sie durch Wortumschreibungen auf den richtigen Begriff kommen.

„Einem Weib faß' ich gern unter den...“ Stotternde Spannung, qualvolle Suche nach dem richtigen Wort, dann der erlösende Aufschrei: „Rock!“ Dazwischen hüpfen unermüdlich buntschillernde Werbeeinlagen (Autoputztücher, Hometrainer, Telefonstoffbezüge) und Programmhinweise (Der Fluch der Chikara) über den Bildschirm. Im Finale wird ein Wortfeld zum Begriff „ADAC“ erstellt, noch einmal Jubel und rasender Beifall vom Band; alle Teilnehmer liegen sich in den Armen und verabschieden sich bis morgen früh. Die nächste Show folgt gleich nach der Werbung. Stadt, Land, Fluß: ein Quiz für den fortgeschrittenen Kreuzworträtselfreund und das Bildungsbürgertum, das gerne noch dazulernt. Wer weiß denn schon, daß die Gänseleber in Straßburg erfunden wurde, daß Aale im Steinhuder Meer schwimmen, daß die Antarktis internationalen Forscherteams gehört? Der Moderator schmilzt zwar vor Schadenfreude, wenn er bei falschen Antworten den Scheck von 5.000 D-Mark zerreißen muß. Aber das ist auch schon die größte Geheimheit in dieser Oase der Kriegsmedien. Mit dem Sieger dürfen wir in die Geschenkboutique, um uns ein Fußmassagegerät auszusuchen. Paßt in jedes Badezimmer und in jeden Heimbunker. Das nächste Mal winkt uns ein Vespa-Roller und 20 Tafeln Schokolade als Trostpreis. Also: einschalten — mitraten — dabeisein. Wir in der allerletzten Reihe haben noch unseren Spaß. Führt Euren Krieg doch allein! Olga O'Groschen