Ursache und Wirkung vertauscht-betr.: "Opportunistische Friedensbewegung?", "Zentralrat dankt den USA", taz vom 25.1.91

betr.: „Opportunistische Friedensbewegung?“, „Zentralrat der Juden in Deutschland dankt den USA“, taz vom 25.1.91

[...] Da wird mit politischem Kalkül Ursache und Wirkung vertauscht, denn aufgerüstet hat den Diktator im Irak ja wohl nicht die Friedensbewegung. Nun soll diese aber plötzlich das Gewissen der Nation spielen und die Suppe wieder auslöffeln, indem sie sich mit den Aggressoren gegen den Aggressor solidarisiert.

Jawohl, Herr Galinski, Hände weg von Israel! Aber ebenso: Hände weg von Palästina, von Kuwait, den Kurden und den Irak! Keine Solidarität mit den Alliierten, sondern mit denen, die sich auf die Suche nach friedlichen Lösungen des Konflikts machen! Birte Beuck, West-Berlin

Warum habt ihr nicht demonstriert, als der Irak in Kuwait einmarschiert ist? Man kann es niemandem recht machen.

Als wir in den Siebzigern gegen die Atomenergie auf die Straßen und Plätze gingen und vor den Gefahren warnten, waren wir weltfremde Träumer und fortschrittsfeindliche Phantasten. Als wir nach Tschernobyl die Auswirkungen verdeutlichten, waren wir pessimistische Fanatiker und unruhestiftende Panikmacher. Als wir in den Achtzigern für Frieden und Abrüstung marschierten, waren wir unrealistische Besserwisser, die nicht einsehen wollen, daß Waffen und Militär ausschließlich der Abschreckung dienen und eben nicht entwickelt und hergestellt werden, um Menschen zu töten.

Als wir Rüstungsexporte und Waffenhandel anprangerten, waren wir Chaoten, die von Marktwirtschaft keine Ahnung haben, denen deutsche Arbeitsplätze egal sind etc.

Wenn wir heute, den Dritten Weltkrieg vor Augen, am Abgrund stehen, Zerstörung, Elend und Tod von Tausenden von Menschen verurteilen, an die Vernunft und den gesunden Menschenverstand appellieren und für die Rückkehr zum zivilisierten Leben eintreten, sind wir amerikafeindliche, undankbare Ignoranten, ja schlimmer noch: die fünfte Kolonne Saddam Husseins.

Wann werdet Ihr endlich begreifen, daß es uns nicht darum geht, Recht gehabt zu haben. Akira Kurisa, Melle

Es ist schon schlimm genug, daß nach der ersten allgemeinen Betroffenheit über den Golfkrieg binnen kürzester Zeit die Diffamierung der Friedensbewegung mit teils kleinlichen, lächerlichen Vorwürfen beginnt. Angesichts der gegenwärtigen und zukünftigen Kriegskatastrophen wird dadurch letztlich die humane und demokratische Qualifikation der Kritiker fraglich!

Besonders grotesk finde ich, daß die Kritik, die Slogans der Friedensbewegten, zum Beispiel „Kein Blut für Öl“, seien zu vereinfachend etc., ausgerechnet von denen kommt (Vertretern von CDU/CSU, FDP, SPD), die in ihren Wahlkämpfen nicht vor den dümmsten, inhaltsleersten oder einfach unwahren Parolen zurückschrecken. Von diesen „Vorbildern“ unterscheiden sich die Demonstrationsslogans (zum Beispiel „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“), da sie aller Desinformation zum Trotz, im Kern zutreffend und beweisbar sind. Gabriele Beleke, Lünen