Haie fraßen Füchse

■ PEV Weißwasser verlor daheim gegen Köln mit 1:4 PRESS-SCHLAG

Fragt man in Weißwasser einen Einheimischen, wo denn die Eissporthalle sei, hört man nur lapidar: „Einfach den Menschen nachfahren.“ Am vergangenen Sonntag jedoch waren die Straßen der 36.000-Seelen-Stadt menschenleer. Und das zur besten Zeit für den geliebten Sonntagnachmittagsspaziergang. Blieb nur, sich in Ermangelung der Zweibeiner den Vierrädlern anzuschließen, um ans Ziel zu kommen. Und hier fand man sie denn auch, die Menschen, die heute nur eins waren, Fans des Eishockey-Klubs PEV Weißwasser.

Des Klubs, der in der ersten Halbserie so unter ferner liefen spielte, daß selbst Kenner der Materie kaum seinen Namen kannten. Doch mit sieben Superspielen und 11:3 Punkten katapultierte sich der Verein an die vorletzte Tabellenposition und avancierte dabei zum Favoritenschreck, nahm der Düsseldorfer EG einen Punkt weg, gewann gar gegen Rosenheim durch ein fulminantes Schlußdrittel. Zwar gab es am vergangenen Freitag beim 9:1 gegen Schwenningen eine schlimme Schlappe, doch mit den Kölner Haien stand den „Polarfüchschen“ am Sonntag wieder ein Favorit gegenüber, der ebenfalls „hochmotiviert, heiß“ war, wie EC-Manager Detlev Papst vor dem Spiel sagte. Hatte man doch in den vergangenen vier Auswärtsspielen nicht mehr siegen können.

Gespielt werden sollte eigentlich im Weißwasseraner Freiluftstadion, daß 12.000 Zuschauer faßt. 80.000 bis 100.000 Mark sollte es den Klub kosten, es herzurichten, die Werbeflächen anzubringen. Das hätte zwar bedeutet, ein, zwei Wochen in den roten Zahlen zu stehen, sich dann jedoch mehr als bezahlt gemacht. Und bei der permanenten Geldmisere des Klubs ist jeder Pfennig gefragt. Doch am Montag rief der Kölner Trainer Nilsson an und verlangte, daß in der Halle gespielt werde. Wahrscheinlich sind ihm fünf verletzte Spieler während der 44ründigen Eistortur genug. Schnupfen- und Hustenbefallene wären das allerletzte, was er zwei Wochen vor der Meisterschafts-Playoff-Runde gebrauchen könnte.

Und so ist es wieder wie bei jedem Heimspiel. Drinnen in der Halle fangen zehn Weichverpackte an, einer kleinen schwarzen Scheibe hinterherzuhecheln. Angefeuert von 3.000 Leuten, die zu Beginn der Woche mit dabei waren, als innerhalb nur einer halben Stunde die Karten verkauft waren.

Derweil stehen draußen noch mehrere Hundert, die sich grämen, vor Jahresfrist nicht eine Dauerkarte erworben zu haben. Mochten sie damals nicht daran glauben, daß ihre Mannschaft tatsächlich in die Bundesliga aufgenommen wird. Und der beliebte Zwergliga-Dauerschlager Weißwasser gegen Dynamo Berlin hatte längst das Schicksal eines Hits hinter sich, der zu oft gehört wird. So manch einer hat vielleicht dennoch Glück, bekommt von einem Schwarzhändler noch eine Karte, allerdings nur mit horrendem doppelten oder gar dreifachen Aufpreis. Und dabei sind die eigentlichen 25,50 Mark schon verdammt viel.

Nach dem Spiel sagte Detlev Papst, daß der 4:1-Sieg ein bis zwei Tore zu hoch ausgefallen sei. Das kann aber nur ein Trostpflästerchen an das bestimmt heute noch heisere Publikum gewesen sein, oder der Manager hat nicht richtig hingeschaut. Denn Köln war ganz einfach schneller, wendiger, trickreicher, wogegen die PEV-Spieler etwas müde auf den Schlittschuhen wirkten und vor allem technisch nicht recht mithalten konnten. Während sie oftmals noch schwungvoll zum Schlag ausholten, hatten die Kölner ihnen den Puck längst unterm Schläger wegstibitzt und waren schon unterwegs gen Weißwassertor.

Auch wenn Weißwasser der Kampfgeist anzumerken ist, der einzige, der am Sonntag bei den Polarfüchsen wirklich Fuchs war, war die Nummer 27: Ryan Fox. Katrin Scholz