NY Giants gegen Saddam Hussein

Es sah so aus, als hätte Saddam Hussein für Sonntag nacht eine Absprache mit den großen amerikanischen Fernsehstationen getroffen. In dieser Nacht ließ er nämlich keine Scud-Raketen abschießen. Doch selbst wenn er es getan hätte, wäre das Ereignis in der US-Medien-Hitparade unweigerlich auf Platz zwei gefallen, denn an diesem Abend fand der Superbowl XXV, das amerikanische Sportereignis des Jahres statt. Live aus Tampa, Florida, ging das Endspiel des American Football um die Fernsehwelt. Auch die Soldaten in der Wüste hockten, neben einer Milliarde anderer Menschen, vor der Glotze und sahen, wie die New York Giants alle Hände voll zu tun hatten, um die Buffalo Bills halbwegs fertigzumachen.

Schon Wochen vorher war diskutiert worden, ob man das Spektakel nicht lieber ausfallen lassen solle, wegen dem Krieg und so. Doch Präsident Bush selbst gab die Weisung heraus, den Superbowl stattfinden zu lassen: „Wenn wir das Spiel ausfallen lassen, wäre das ein Sieg für Saddam Hussein.“ Und überhaupt, man könne sich doch nicht von diesem Barbaren erpressen lassen, das Leben geht schließlich weiter, meint der Präsident. Solle man etwa Hochzeiten absagen und Geburtstagsfeiern ausfallen lassen, nur weil irgendwo am Arsch der Welt ein Krieg gegen einen größenwahnsinnigen Diktator stattfinden würde?

Die großen Fernsehgesellschaften hat Bush mit diesen Sprüchen auf seine Seite gebracht. Sie behandeln das Grauen wie eine Seifenoper. Damit auch die Kleinsten den Krieg in den richtigen Hals kriegen, unterbrachen Samstag morgen ABC und NBC ihre Zeichentrickfilmchen und erklärten den Kids die gerechte Sache. Starjournalist Peter Jennings durfte beruhigend erklären: „Saddam kann viel Schlimmes anrichten, seine Raketen aber reichen nicht bis hierhin.“ Nachdem die lieben Kleinen eingelullt waren, gings weiter mit Tom und Jerry.

So richtig was fürs Herz haben die Sender natürlich auch im Programm. Letzte Woche gab's eine ungewöhnliche Hochzeit live mitzuerleben. Gezeigt wurde, wie ein Richter einen am Golf stationierten amerikanischen Soldaten und seine Verlobte aus Muncie in den USA per Telefon traute. Richter Richard Daily erklärte die 19jährige Kandy Green und den GI in einem Audienzsaal des Gerichts telefonisch zu Mann und Frau: „John, sind Sie noch dran? Gut, dann wünschen wir Ihnen und Ihrer Frau ein langes und glückliches Leben, sobald sie wieder beisammen sind.“ Karl Wegmann