In alliierter Erde schlummern kaputte Panzer

■ Diskussion über die riesigen Flächen, die nach dem Abzug der alliierten Truppen aus beiden Teilen Berlins zur Verfügung stehen/ Wer bekommt was, welcher Boden ist wie schwer verseucht?/ Ex-Umweltsenatroin glänzte mit »Herrschaftswissen«

Charlottenburg. Was tun, wenn die Allierten 1994 aus Berlin und seiner Umgebung abgezogen sind und eine Fläche frei wird, die so groß ist wie Kreuzberg und Wedding zusammen? Darüber diskutierten Montag abend die Ex-Umweltenatorinnen Michale Schreyer (AL) und Jürgen Starnick (FDP), Ex-Bausenator Georg Wittwer (CDU) und der baupolitische Sprecher der SPD, Otto Edel, auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Gartenbau und Landschaftspflege (DGGL) im Internationalen Congreß-Centrum.

In Berlin, der Stadt mit der nach Schreyers Angaben höchsten Militärdichte, nutzten die West-Alliierten 1.775 Hektar allein im Westen, teils mitten in der Stadt — darunter der 356 Hektar große Flughafen Tempelhof. In der ehemaligen DDR und in Ost-Berlin gebe es 2.100 Liegenschaften der Nationalen Volksarmee, 1.300 der Sowjetarmee. Allerdings stünden diese Flächen nach Abzug der Alliierten und ihrer Truppen nicht unbedingt der Stadt Berlin zur Verfügung.

Die Flächen im Westteil der Stadt, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den dortigen Alliierten requiriert worden waren, gehen wieder an ihre ursprünglichen Besitzer. Das sind entweder die Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches, die Stadt Berlin, die jeweiligen Bezirke oder — bei Waldflächen — das städtische Forstamt. Der Flughafen Tempelhof etwa wurde von der Bundesregierung als Verkehrsgebiet deklariert und untersteht somit nach dem Abzug der Amerikaner automatisch dem Bundesverkehrsministerium.

Die Gelände, die in der ehemaligen DDR von den Sowjets enteignet worden waren, stehen — soweit nicht private Eigentümer Ansprüche geltend machen — zunächst einmal der Bundeswehr zur Verfügung. Was die nicht braucht, geht an den Bund. Die NVA-Flächen bekommt entweder die Bundeswehr oder die Treuhand. Sowohl Bund wie auch Bundeswehr und Treuhand, mit denen die Stadt Berlin dann um Flächen verhandeln müßte, gelten als zähe und kostenbewußte Geschäftspartner.

So gebe es, berichtete Schreyer, beispielsweise ein Kasernengelände in Biesdorf, einem Vorort von Marzahn. Die dortige Bezirksverwaltung wollte auf diesem Areal Gewerbe unterbringen und — vorübergehend — Asylbewerber. Eine Bürgerinitative schlug vor, dort einen Gewerbepark mit Geschäften und Freizeiteinrichtungen anzulegen. Die Treuhand hatte jedoch die Kasernen zunächst einer Immobilien GmbH aus ehemaligen NVA-Offizieren überlassen. Danach verhandelte die Westfälische Landesbank mit dem Magistrat um den Kauf des Geländes. Sie soll jedoch eine Entschädigung in Millionenhöhe an die Bundeswehr zahlen. Die Zukunft des Geländes ist noch ungeklärt.

Nach Schreyers ausführlichem Vortrag blieb den anwesenden Herren nur noch übrig, sich für die Vermittlung des »Herrschaftswissens«, so Starnik, zu bedanken. Otto Edel forderte unwidersprochen, daß es nach dem Abzug der Alliierten keine Manöver im Stadtgebiet und keine Schießplätze im Berliner Wald mehr geben dürfte. Die meist schwer verseuchten Flächen müßten saniert werden, das gelte vor allem für den Schießplatz Ruhleben, der in einem Wasserschutzgebiet liegt. In Brandenburg gibt es 96 verseuchte Militärflächen, so Professor Neumann von der DGGL. In Einzelfällen hätten die Sowjets sogar kaputte Panzer vergraben. Einig war sich die Runde, daß diese Sanierung nicht Berlin und schon gar nicht Brandenburg bezahlen könne, da müsse der Bund einspringen. Eva Schweitzer