Ostberliner Camper in Sorge

■ Fünf von zehn Campingplätzen im Ostteil Berlins sollen geschlossen werden

Berlin. Mit gemischten Gefühlen sehen viele Ostberliner Camper dem Saisonbeginn entgegen. Vier Monate vor dem »Aufzelten« wissen Hunderte von ihnen noch nicht, wo sie ihrem Hobby nachgehen können. Hintergrund der Unsicherheit ist ein Beschluß der ehemaligen Landesregierung zur Schließung von fünf der insgesamt zehn Campingplätze im Ostteil der Stadt. Danach soll es am Seddinsee, Kleinen Müggelsee und an der Hirtenwiese keine »Leinwandvillen-Idylle« mehr geben, weil diese Standorte in einem Trinkwasser-Schutzgebiet liegen. Die Zeltplätze Große Krampe II und Krossinsee müssen nach Darstellung der Verantwortlichen wegen ihres überalterten Baumbestandes und der daraus erwachsenden Gefahren für die Camper sterben.

Langjährige Anhänger dieser Lebensart sehen ihr Hobby massiv bedroht. Eine Koordinierungsgruppe zum Erhalt der Campingplätze hat deshalb für den morgigen Dienstag zu einer Demonstration um 18 Uhr vor dem Roten Rathaus aufgerufen. Sie treffe nicht nur die älteren Campingfans hart, sondern auch jene mit schmalem Portemonnaie, die sich keine großen Reisen und Kreuzfahrten leisten können.

Die bisher zu zahlenden rund 70 Mark pro Saison für eine vierköpfige Familie waren erschwinglich. Schwerer wog da schon der Posten für die Ausrüstung, deren Preis sich zu DDR-Zeiten zwischen 5.000 und 8.000 Mark bewegte. Hinzu kommt, daß viele Camper zugleich Wassersportler sind und tausende von Mark in ihre Boote investiert haben.

Die betroffenen Familien kritisieren vor allem, daß ihnen von verantwortlicher Seite bisher keine Alternativen angeboten wurden. Eine »Umsetzung« der Zeltler an bestehende Standorte ist ihrer Meinung nach wegen Platzmangels und aus Sicherheitsgründen nicht ohne weiteres möglich. Zudem würden damit teils »jahrzehntelange Gemeinschaften zerstört«. Für Krampe-II-Camper sind die Argumente der »Regierenden« außerdem nicht stichhaltig. Thea Schmidt verweist auf die große Eigeninitiative der Dauerzeltler, die jährlich vor Saisonbeginn unentgeltlich das Gelände von Bruchholz befreit, von den Bäumen lose hängende Äste entfernt und das Ufer gesäubert hatten. Für die Kinder wurden zahlreiche Spielgeräte errichtet. »Soll das alles umsonst gewesen sein?«, fragt die Frau im Namen mehrerer Familien.

Als Ausweg schlagen Insider vor, ihnen den Boden zu verpachten oder das Vorkaufsrecht einzuräumen. Sie befürchten allerdings eher, daß die freiwerdenden Flächen in reizvoller Köpenicker Landschaft später an finanzkräftige Tourismusunternehmen verscherbelt werden sollen. Christina Schultze (adn)