Au revoir, Grandseigneur!

■ Bernard Tapie gab in Marseille Rücktritt bekannt PRESSSCHLAG

Ihn umgibt die Aura des stets strahlenden Gewinners: Bernard Tapie. Er kauft Pleitefirmen auf, saniert sie, stößt sie dann mit Gewinn wieder ab. So hat sich der hartgesottene Multiunternehmer in nur zehn Jahren ein Industrieimperium mit 12.000 Beschäftigten geschaffen.

Dieses Konzept setzt der Selfmademan seit geraumer Zeit auch im Sport um. Als er Bernard Hinault 1984 für sein neues Radsport- Team kaufte, ging dieser an Krücken. Ein Jahr später gewann er zum fünften Mal die Tour de France. Tapie verlor prompt die Lust am Radsport, widmete sich nunmehr dem Fußball, wurde Präsident von Olympique Marseille und zweimaliger Titelträger. Sein Ziel aber ist der Europa-Cup. Dann erst wird auch dieses Abenteuer für ihn passé sein.

Das liebste Hobby des 47jährigen ist jedoch die wortgewaltige Selbstdarstellung in den Medien. Seine Wortgewaltigkeit wurde ihm nun aber zum Verhängnis. Der Disziplinarausschuß des französischen Fußballverbandes sperrte ihn für ein Jahr von seinem fußballerischen Präsidentenamt. Die Gründe: „schwerer Mangel an Sportsmoral sowie verbale Angriffe auf Schiedsrichter“. So beschuldigte er in der vergangenen Saison nach dem Europa—Cup- Aus gegen Benfica Lissabon den Schiedsrichter van Langenhove der Bestechung, weil er ein Handtor der Portugiesen anerkannt hatte. Und nach einem Spiel gegen Girondins Bordeaux bezichtigte er den Schiedsrichter Biguet mit unflätigen Worten der Manipulation.

Nun also die Quittung für den Grandseigneur des Fußballs. Er darf die Umkleidekabinen nicht betreten und dem Spielfeldrand nicht zu nahe kommen. Die Spieler stehen hinter Tapie, drohten einen Streik an. Solidarität für einen Mann, der eiskalt jeden Fußballer fallenläßt, der nicht die geforderten Leistungen bringt. Der Liebesbeweis ist überflüssig, denn in bewegenden Worten erklärte Tapie wenige Stunden nach dem Urteilsspruch im Fernsehen (wo sonst?) seinen Rücktritt. Das ist die erste Niederlage seiner glänzenden Laufbahn. Ihr Ende ist es aber bestimmt nicht.

Ist doch der schwarzhaarige Smartie vor gut einem Jahr in die französische Nationalversammlung eingezogen. Und es würde wohl niemanden sonderlich verwundern, wenn wir ihn demnächst als Präsidenten erlebten. Katrin Scholz