Schwedens Wirtschaft springt im Tetra-Eck

■ In Skandinavien wird die Alfa-Laval-Übernahme durch Tetra Pak bejubelt

Stockholm (taz/dpa) — Selten hat Schwedens Wirtschaft derart einhellig eine Konzernübernahme bejubelt wie in dieser Woche, als der Verpackungsmulti Tetra Pak in Stockholm den Kauf von Alfa Laval AB bekanntgab.

Dabei war es nicht nur die gebotene Kaufsumme, die mit 16 Milliarden Kronen (4,3 Milliarden Mark) den größten Handel dieser Art in dem skandinavischen Land bedeutet und an der sonst eher verschlafenen schwedischen Börse sofort zu deutlichen Kurssteigerungen führte. Schwedens Wirtschaft hofft, daß die Fusion zu weiteren belebenden Übernahmeaktivitäten führen wird.

„Endlich wieder Pioniergeist“, freute sich der Kommentator von 'Svenska Dagbladet‘ über den Schritt der Industriellenfamilie Rausing, die das traditionsreiche Maschinenbauunternehmen mit Schwerpunkt in der Lebensmittelbranche zu 60 Prozent über dem Börsenwert kauft. Und 'Dagens Nyheter‘ bescheinigt den Eignern von Tetra Pak, sie hätten ein „reelles und unkompliziertes Angebot“ vorgelegt und ihre Pläne mit der neuen Tochter „wohltuend frei von Floskeln“ der Öffentlichkeit vorgestellt.

Dieser Jubel mag überraschen angesichts der Tatsache, daß die aus dem südschwedischen Lund stammenden Rausings zwar mit den heute in aller Welt verbreiteten Pappkartons für Milch Tetra Pak zu einem der größten Industrieerfolge der letzten Jahre machten, andererseits aber geradezu klassische Steuerflüchtlinge sind: Die Brüder Gad und Hans Rausing residieren aus Steuergründen in London. Ihre Konzernzentrale verwaltet den Umsatz von 25 Milliarden Kronen (6,8 Milliarden Mark) ebenso aus Steuergründen vom schweizerischen Lausanne aus. Dies aber spielte im öffentlichen Bewußtsein ganz offensichtlich keine Rolle mehr. Denn ein einheimischer Konzern — das gesamte Management und der größte Teil der Belegschaft ist schwedischer Nationalität — wagte trotz der in den letzten Monaten immer katastrophaleren schwedischen Wirtschaftsentwicklung die Offensive. Mit der Übernahme von Alfa Laval, das 17 Milliarden Kronen umsetzt, will Tetra Pak seine Stellung in der Lebensmittelbranche stärken. Zur Verpackung steuert Alfa Laval sozusagen den Inhalt bei: Die Firma baut komplette Lebensmittelverarbeitungsfabriken, speziell auch für die Weiterverarbeitung von Milchprodukten.

Alfa-Laval-Vorstandschef Lars Kyllberg griff zu Superlativen, als er die neue Position beschreiben wollte: „Mit Tetra Paks Verpackungspotential und unserem Produktionswissen sind wir eine unschlagbare Kombination.“

Daß die Verbindung zustande kam, hat viel mit dem Kapitalbedarf der Wallenbergs zu tun. Schwedens größter Industrieclan (der nicht in der Schweiz residiert), der über verschachtelte Beteiligungen bisher wichtigster Aktionär bei Alfa Laval war, brauchte nach der Übernahme des Düsseldorfer Papierherstellers Feldmühle durch das zum Imperium gehörende eigene Stora-Unternehmen und eine ebenso teure intere Transaktion im letzten Jahr schlicht zusätzliches Kapital. Das haben die Wallenbergs nun bekommen.