Zurück zur Normalität

■ Die fröhlichen Wellen plätschern wieder / Nach dem Schock klingt wieder Alltag

Sie schalten das Radio ein und was hören Sie? Dasselbe wie sonst auch: leicht plätschernde Pop- Musik, durch das fröhliche Plappern anheimelnder ModeratorInnen-Stimmen unterbrochen, die gerade einen Kühlschrank, ein Buch, ein Fahrrad verlosen. Sie drehen am Knopf und hören das Gleiche. Und weiter und weiter. Außer in den Nachrichten ist im Radio der Krieg schnell zur Normalität geworden, zumindest was das klangliche Profil der Tages- Begleit-Programme angeht. Solange die Nachrichtenlage keine Emotionen aufputscht, ist die bewährte Musik-Mischung das Alltags-Gleitmittel.

Auf Anfrage erläutern Holger Arnold (Abteilungsleiter in der Hauptabteilung „Leichte Musik“ bei Radio Bremen, zuständig vor allem für das erste Programm „Hansawelle“), Wolfgang Harm (amtierender Musikchef von NDR 2) und Frank Eichner (Musikchef bei ffn), daß mittlerweile wieder musikalische „Normalkost“ angesagt sei. In der anfänglichen Phase, in der die Gefühle hoch loderten und quer durch den Äther ganze Programme gekippt wurden und alle Unterhaltungs- Sender nach Kräften alles textlich Anstößige oder Vieldeutige vermieden, in der plötzlich vermehrt sanfte Instrumental-Nummern das Musik-Programm bestritten, da war man nur bei Radio Bremen vorbereitet gewesen. Sowohl der große NDR als auch der kleine ffn vertrauten auf die Beweglichkeit und Spontaneität ihrer Musikredakteure. Mittlerweile besinnt man sich wieder auf die gewohnte Zieldefinition. Wolfgang Harm (NDR): „Unser Auftrag heißt Servicewelle. Das heißt, wir müssen uns nach dem Massengeschmack richten. Und wir können ja nicht bis zum Sommer, oder wie lang der Krieg geht, gedeckte Musik spielen. Wir versuchen also einerseits die Trostlosigkeit zu konterkarieren und andererseits hat hier natürlich auch jeder diese Brille auf der Nase.“

Schon von Kriegsbeginn an hat sich dagegen bei den Klassik- Programmen „nicht viel geändert“ wie Jürgen Brüggebors (Redakteur für Symphonie und Oper, RB) betont. Schon, gibt er zu, „es hat ganz kleine Änderungen gegeben, vor allem bei den aktuellen Programmen“ und man habe, vor allem bei der Vokalmusik, „darauf geachtet, daß das nicht zu sehr ins Tralala ging“ und Operetten beispielsweise, die würde er ganz gestrichen haben, aber die standen nicht im Programm. Und bei der NDR-Konkurrenz, da hat sich gleich „gar nichts geändert“, so die Dame am Telefon. Die Programme sind soweit im Voraus geplant, daß das auch gar nicht ginge. Es gäbe zwar Ersatzprogramme für besondere Fälle, „wenn der Papst oder unser Bundeskanzler ...“, aber das ändere ja nicht die Gesamtfarbe des Programms. step