Maggi's Poesie-Fix

■ ... und unser Tom Waits als Kaperle noir

Es steht schlecht um den Film noir! Das ursprünglich so lakonische, kreative und pessimistische Genre ist inzwischen fast vollständig vom europäischen Kunstgewerbe zerfledert und auf Klischees oder leere Stilübungen reduziert worden. Der Mond in der Gosse von Jean-Jacques Beineix war bis jetzt der Tiefpunkt dieser Entwicklung. Ausgerechnet dieser Film wird in Bearskin, zu deutsch leider: Ausgespielt, ehrfürchtig zitiert. In der britisch-portugiesischen Koproduktion von Ann und Eduardo Guedes sind alle Figuren vollgestopft mit dunklen Geheimissen, tragischer Verzweiflung und „selbstverschuldetem Unglück“ (Presseheft).

Ein junger Spieler wird von Gangstern gejagt, weil er seine Spielschulden nicht bezahlt hat; ein Amerikaner hat seinen Tod inszeniert und wird nun ebenfalls von Gangstern verfolgt; eine Tochter ist ganz böse auf ihre Mutter und die hat natürlich auch irgendwie mit den Gangstern zu tun. Die Geschichte ist weder originell noch spannend oder auch nur plausibel.

Stattdessen riecht alles nach Filmkunst. Vielleicht haben die Filmmacher sich „ein verwirrendes Wechselspiel“ vorgenommen, um sich um Geschichte und Glaubwürdigkeit der Filmfiguren nicht groß kümmern zu müssen. Der Zuschauer kann sich immerhin die Zeit damit vertreiben, die gewollten von den unfreiwillig komischen Wirrnissen zu unterschieden. Soweit das geht.

Die drei Helden finden sich in einer Wanderschauspieltruppe; dort wird dann reichlich Gauklerpoesie über die noir-Versatzstücke gegossen. Viel Theaterschminke, ein Bärenkostüm, ein Kasperletheater mit begeisterten Kindern. Auch hier ziehen die Regisseure nur die passenden Klischees vor die Kamera. Und wenn im Kasperletheater die Filmhandlung kommentiert wird, hat man auch schnell und billig die ironischen Brechungen, auf die die intellektuellen Kritiker so abfahren.

Ohne Tom Waits wäre der Film nie in unsere Kinos gekommen. Die Werbung kündigt ihn auch entsprechend an. Aber Vorsicht: Waits spielt nicht die Hauptrolle, er singt nicht und ist für viele quälend lange Minuten nicht auf der Leinwand zu sehen. Aber wenn er da ist, ist er gut. Die Regisseure waren klug genug, ihn einfach spielen zu lassen, und so zieht Waits seine one man show ab und macht den Film immerhin erträglich. Wilfried Hippen

Cinema 20.45 Uhr