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Der Schwarztüncher

■ Kunsthochschulrektor Jürgen Waller zeigt neue Bilder / Die Welt der Arbeit unter Tage ist rabendüster

hierhin bitte

das schwarze

Riesenbild

Jürgen Waller: Skyline mit StaatsbibliothekFoto: Archiv

Der Mann muß einfach Liebling der Kunstkritik sein: Seine Vita ist Roman, seine Kunst lesbar wie ein Bilderbuch, und der künstle

rische Werdegang hat sauber unterscheidbare Phasen. Jürgen Waller, 51 Jahre alt, Rheinländer, Pariser 68er-Aktivist, Berliner „kritischer Realist“ (der „rote Waller“), seit zwei Jahren Rektor der Bremer Hochschule für Künste, stellt aus. Bei sich zu Hause. Seine Frau, Birgit Waller, leitet dort im Schatten des exotischen Baumbestands von Knoops Park (St.Magnus) eine Galerie.

Seit fünf Jahren malt Waller schwarz. So schwarz, daß der flüchtige Blick monochrom sieht. Doch es ist wie im Keller: Haben sich die Augen gewöhnt, tauchen schemenhaft Gegenstände / Gestalten auf. Die Legende geht so: Waller besuchte eine Zeche und ließ sich 1250 Meter unter die Erde bringen. Die Finsternis beeindruckte ihn so, daß er fortan diesem Schwarz hinterherjagte, in Öl, Aquarell und — was nahelag — mit Kohle. Direkt auf die Leinwand gebracht, gerieben, gesprüht, schluckt dieses Material wie kein anderes das Licht. Subtilste Schattierungen in Schwarz erlaubt die Benutzung von Knochenleim, der winzige Mengen Lichtes doch wieder zu reflektieren vermag. Waren es zunächst tastende Bergarbeiter, die uns im Dunkeln entgegentappen, Maschinen, Rohre von unter Tage, so zog Waller fortan seinen schwarzen Vorhang über italienische Stilleben ebenso wie über New Yorker Skylines, römische Kuppeln und auch über seine Skulpturen.

Es entstehen großformatige Arbeiten, die riesige weiße Wände brauchen und viel Licht zum Schlucken. Maniriert wirkt das Konzept, jedem Bild ein Objekt (“Objekt-Bilder“) zuzuordnen, angestoßene Sphinxköpfe z.B., ausgestopfte Vögel. Durch diese Hintertür kommt tapfer die Bedeutung wieder hereingestelzt, die Waller doch zunächst so überraschend reduziert hatte.

Denn Jürgen Waller ist bekannt (auch marktbekannt) geworden durch ganz andere Bilder. Der in Düsseldorf geborene Arztsohn, der die Ausbildung an der dortigen Akademie vorzeitig abbrach, lebte, jobbte und malte acht Jahre in Frankreich (und schlief unter Brücken und klaute und war notorisch pleite, wie der Rektor heute gern seinen auf Staatsknete hoffenden StudentInnen vorhält). Dort entstanden „Bilder aus der Arbeitswelt“, Arbeiten von kubistischem Duktus, reichlich spät einem Leger und einem Picasso nachempfunden (“Heuernte“, „Kartoffelschälerinnen“). '68 war Waller als politisch Aktiver in Frankreich unerwünscht und ging nach Berlin. Dort waren es drei Faktoren, die seine Karriere begründeten: Er lernte er seine Frau kennen und brauchte nicht mehr zu jobben, er trat der Künstlergruppe „Aspekt“ bei, und er hatte einen Skandal (Das Bild „Reitet für Deutschland“, Neckermann reitet auf dem Rücken der arbeitenden Massen, wurde irrtümlich als rassistisch denunziert). Die „Berliner Phase“ machte Waller als „kritischen Realisten“ in SEW- Nähe bekannt, mit seinen schlichten, monokausalen Aussagen wurde Waller wurde auch in Ostberlin gezeigt.

1977 rief die HfK, und Waller wurde Hochschullehrer in Bremen. Hier verewigte er sich durch die Wandbilder in der Admiralstraße, am Hotel zur Post und in Gröpelingen. Sein Realismus im Dienste der guten Sache wurde kontrovers diskutiert.

Seit jener Erleuchtung unter Tage, die seine Malerei verfinsterte, ist Wallers Realismus subtiler geworden. Seine Schwäche, sich zu dicht an Meister zu lehnen, kompensiert Waller heute gern mit dem formalen Akt des Schwarztünchens. Seien es die Außenskulpturen, seien es die Stilleben, Schwarz wird in dieser Konsequenz zur Decke. Darunter nichts neues. Burkhard Straßmann

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