Vollprofi mit Manager-Qualitäten

■ Neu im Kabinett (V): Peter Radunski, Senator für Bundes- und Europa-Angelegenheiten

Nebeneinander waren sie ein geradezu göttliches Paar: Der dicke Riese in Bonn, gerade zum ersten gesamtdeutschen Kanzler gewählt, und sein langjähriger, eher klein geratener Wahlkampfmanager Peter Radunski. Seit letzter Woche ist der 51jährige Politologe, der als erfolgreichster CDU-Manager aller Zeiten gilt, Senator für Bundes- und Europa-Angelegenheiten im Kabinett Diepgen. Mit Radunski hat Diepgen nicht nur einen alten Studienfreund, sondern einen Vollprofi in das repräsentative Amt des Bundessenators geholt, der zudem ein intimer Kenner der Bonner Szene ist. Der neue Mann im Berliner Senat ist weniger ein Vordenker der CDU als vielmehr ein Organisationsgenie mit Ideen und Durchsetzungsvermögen.

Diepgen und Radunski haben in den sechziger Jahren gemeinsam politische Wissenschaften am Otto- Suhr-Institut der Freien Universität studiert und ihre politische Karriere fast zur gleichen Zeit begonnen. Radunski, 1939 in Berlin geboren, trat 1961 in den RCDS ein und wurde bald der Presseprecher der Bundesorganisation, wenig später deren erster Geschäftsführer. 1965 in die CDU eingetreten, organisierte er vier Jahre später seinen ersten Wahlkampf bei den Landtagswahlen in Hessen: Seinem Spitzenkandidaten Alfred Dregger verhalf er dabei von 26 auf stattliche 40 Prozent. Das Organisationstalent des Newcomers war damit bewiesen. Walter Leisler Kiep holt den talentierten, agilen Senkrechtstarter nach Bonn. Dort übernahm Radunski 1973 die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der CDU und managt seither alle Bundestagswahl- und Europa-Wahlkämpfe der Partei.

Der langjährige Generalsekretär Kohls, Heiner Geißler, ernannte Radunski 1981 zum Bundesgeschäftsführer der CDU — gegen den Willen des Vorsitzenden. Radunski zählte fortan zum engen Kreis der Geißler- Vertrauten, war aber auch für den Kanzler unentbehrlich und ihm gegenüber loyal. Geißler und Radunski bauten mit dem damaligen Chef der Planungsabteilung im Konrad-Adenauer-Haus, Wulf Schönbohm, die Partei zu einem bestens durchorganisierten modernen Apparat um, der oft den Neid der weniger organisationsbegabten Sozialdemokraten hervorrief. 1989, als Geißler und seine Vertrauten in die Wüste geschickt wurden, durfte Radunski bleiben und für Kohl noch einmal die erfolgreichen Wahlkämpfe zur Volkskammer und zum ersten gesamtdeutschen Bundestag managen. Seinem neuen Generalsekretär Volker Rühe traute Kohl nicht die Managementqualitäten von Radunski zu.

Jetzt mußte der Kanzler ihn dennoch gehen lassen. Schon früh zeichnete sich ab, daß Diepgen den alten Studienfreund abwerben wollte, und der ließ sich auch nicht lange bitten, fehlt ihm doch in seiner Karriere bisher ein öffentliches Amt. Auch künftig wird Radunski mehr in Bonn als in Berlin sein und sich dort für die Belange und Ansprüche Berlins stark machen müssen. In den Zeiten der absoluten Gleichgültigkeit oder Ablehnung gegenüber Berlin kann er jetzt seine vielgerühmte Hartnäckigkeit auf einem neuen Terrain erproben. Radunski hat aber auch schon angekündigt, sich häufig in Berlin »blicken zu lassen«. Auf der CDU- Seite des neuen Senats wird er mit Sicherheit eine zentrale Rolle spielen, und manchem Berliner Sozialdemokraten schaudert jetzt schon vor den parteistrategischen Fähigkeiten des Mannes, sollte es zu Differenzen zwischen den beiden Koalitionspartnern kommen. Kordula Doerfler