Thyssen bestätigt: Pumpen für Scud-Raketen geliefert

■ Ministerium: Auch Druckluftanlagen aus Neu-Isenburg für das Programm

Düsseldorf (ap) — Der Düsseldorfer Thyssen-Konzern hat bestätigt, Irak mit Pumpen für die Scud-Raketen beliefert zu haben. Allerdings sei der Verwendungszweck nicht bekannt gewesen, sagte Thyssen-Vorstandsmitglied Bartels.

Die aus Normalstahl und Aluminium gefertigten Zweikomponentenpumpen seien nach heutigen Maßstäben nicht für Raketen geeignet, doch sei dabei übersehen worden, daß die sowjetische Scud-B-Rakete technisch etwa auf dem Stand der Waffentechnik am Ende des Zweiten Weltkrieges stehe und die Pumpen hier Verwendung finden könnten.

Nach Bartels' Angaben hatte der Irak bei der Wittener Thyssen-Tochter Ruhrpumpen insgesamt 305 Pumpen bestellt, die nach offiziellen irakischen Angaben in der Petrochemie des Landes benutzt werden sollten. Das Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn habe den Export genehmigt.

Insgesamt 35 Pumpen seien geliefert worden, bevor das Bundesamt am 25. Juni 1990 die Ausfuhrgenehmigung wegen des Verdachts einer anderweitigen Verwendung der Pumpen widerrufen habe. Thyssen gehe allerdings davon aus, daß keine der gelieferten Pumpen in eine Scud- Rakete eingebaut worden sei. „Die liegen da noch irgendwo herum“, sagte Bartels.

Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat wegen der Angaben der Thyssen- Tochter bei der Erlangung der Ausfuhrgenehmigung ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Außenhandelsgesetz eingeleitet.

Nach Angaben von Thyssen-Chef Diether Spethmann lieferte der Düsseldorfer Konzern im abgelaufenen Geschäftsjahr insgesamt Produkte für 109 Millionen Mark in den Irak. Selbstverständlich habe das Unternehmen das Irak-Embargo strikt beachtet.

Dem Neu-Isenburger Unternehmen Havert ist Ende 1988 eine staatliche Hermes-Versicherung für die Produktion von Anlagen für den Irak gewährt worden, welche ohne damaliges Wissen der Bundesregierung für das Scud-Raketenprogramm eingesetzt wurden.

In Kreisen des Bonner Wirtschaftsministeriums wurde am Dienstag in Bonn ein Bericht des Fernsehmagazins 'Panorama‘ vom Montag abend teilweise bestätigt, darin genannte Termine jedoch zurückgewiesen. Demnach erfuhr das Ministerium erst Anfang 1990 über die brisante Verwendung der Anlagen.

Havert hatte die Hermes-Bürgschaft über 1,5 Millionen Mark für die Produktion von 35 vom Irak bestellte Druckluftanlagen erhalten. Sie deckt nur das bei der Herstellung bestehende Risiko des Unternehmens ab und erlischt automatisch, sobald die Lieferung der Waren anläuft. Dies geschah dem Ministerium zufolge zum Jahreswechsel 1988/89.