Ein Hoch für Pizzabäcker und den CNN!

Doch Warenhäuser, Kinos und Restaurants machen in den ersten beiden Kriegswochen große Verluste  ■ Aus Washington A. Zumach

Seit dem 16. Januar liegt jede Nacht rund 20 Prozent mehr Geld in der Kasse von „Domino's“ Pizzeria als zuvor. Doch die Ursache für den unverhofften Dollarsegen verdirbt Frank Meeks, dem Geschäftsführer des Schnellrestaurants mit Hauslieferung in einem Vorort Washingtons, die rechte Freude: „Am liebsten würde ich dem Saddam eine dicke, fette Pepperoni-Pizza zwischen die Augen knallen und wieder ganz normalen Umsatz machen.“ Frank ist Kriegsgewinnler, wie die meisten der unzähligen Pizza-, Mousaka- oder Chop-Sew-Küchen, die ihre Ware in die Wohnstuben liefern. Dorthin haben sich die AmerikanerInnen verbarrikadiert, seit über den Fernseher pausenlos die Bilder vom Golfkrieg flimmern. Sehr zum Leid der gehobeneren Speiselokale, die über einen bis zu fünfzigprozentigen Gästeschwund klagen.

Pessimismus verbreiten auch die großen Warenhäuser. Gekauft wird derzeit nur das Nötigste. Größere Geldausgaben unterbleiben — „Ausdruck der allgemeinen Verunsicherung angesichts des Golfkrieges“, so J. Warren Harris, Vorstandsvorsitzender von „Hecht–s“, einer der größten Warenhausketten an der Ostküste. Gefragt sind lediglich Kurzwellenradios und kleine, tragbare Fernseher. Vor allem die im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sonst so beliebten rund um die Uhr geöffneten „24 Hour Stores“ stöhnen über die Kriegsfolgen: Nach der Arbeit fahren die Menschen sofort nach Hause, um ja nicht das nächste Scud-B/Patriot-Feuerwerk zu verpassen. Sie tragen damit bei zu den höchsten Einschaltquoten in der Geschichte des Kabelsenders CNN.

Auch die anderen Fernsehgesellschaften verzeichnen Zuwächse. Damit steigen auch die Einnahmen aus den Werbeeinblendungen wieder an, die — Indiz für die bevorstehende Rezession — in den Wochen vor dem Krieg drastisch zurückgegangen waren.

Der Live-Kitzel verdrängt auch das Bedürfnis nach Fiktion. Die Kinos bleiben leer. Nur Komödien oder Liebesfilme werden, zur stundenweisen Verdrängung der Kriegsnachrichten, noch besucht.

Bei den Kriegsgewinnlern gehört das Bedauern über die Ursache der zusätzlichen Profite zum guten Ton — wenn auch längst nicht immer so glaubwürdig wie beim Pizzabäcker Frank. Die Produzenten von US- Flaggen und Fähnchen aller Größen verweisen stolz auf die Überstunden, die ihre NäherInnen derzeit leisten. Im Management von Raytheon in Boston, Herstellerfirma der Patriot- Abwehrrakete, versucht man die Freude über die nach dem ersten erfolgreichen Einsatz sofort um zehn Prozent gestiegenen Aktienwerte zu kaschieren.

Eigentlich „wolle man“ ja nicht am Krieg verdienen. Aber jetzt müsse sich „die Firma auf eine sprunghaft steigende Nachfrage aus allen Teilen der Welt einstellen. Am Erfolg von „Everybodys Darling“ — wie die 'Washington Post‘ die Patriot bezeichnete — will auch die SDI- Lobby partizipieren. Seit Tagen bombardiert sie Kongreßmitglieder und die Medien mit ihren alten Argumenten und der Forderung nach neuen Geldern für ihr Rüstungsprogramm.

Mit einem Nachfrageboom rechnen auch die Produzenten von Offensivwaffen wie der „Tomahawk“- Cruise Missile, der Kampfflugzeuge F-15, F-16 und F-111 oder des M-1-A-Panzers, deren Aktien in den ersten Kriegstagen bis zu 37 Prozent gestiegen sind. Ihr Kalkül: Je länger am Golf geschossen und gebombt wird, desto größer der Bedarf zur Wiederauffüllung der Arsenale nach dem Krieg.