Letzter Waschgang Mord

Foto: Jens Ziehe

Ehemänner unterdrücken ihre Ehefrauen. Ignorieren sie. Quälen sie. Oder schlagen sie. Die Frauen finden das zumeist ganz in Ordnung. Sie versuchen, nach außen den Schein zu wahren, erdulden und erdulden ihre Peiniger. Bis ihnen vielleicht doch einmal die Hutschnur reißt. Und dann? Kurze Gegenwehr und alles ist wieder gut? Flucht? Scheidung? Selbstmord? Nichts von alledem! College of Hearts wissen, wie sich Frauen wehren: MORD!

Nach den Campern, Bienen und Metzgern folgt nun aus der Feder des College of Hearts-Ensembles eine Seifenoper über Frauen. In »Der letzte Waschgang« ist Ermordetwerden geradezu die natürliche Todesursache für alle Beteiligten männlichen Geschlechts. Mit viel schwarzem Humor bereden oder besingen die Akteure die jeweiligen Situationen. »Du hast es mir schwer gemacht«, so der Refrain von Thea (Susanne Betancor). Sie schafft es in mühevollster Kleinstarbeit doch noch, ihren Mann Herrmann, der sich partout nicht umbringen lassen will, kleinzukriegen — und das ist wörtlich zu nehmen, beobachtet man ihre Versuche mit Schere, Pistole und Eisenrohr. Endlich ist er tot, nichts wie ab in die Waschmaschine, Waschgang an, und Herrmann rotiert munter hinter Thea. Diese gönnt sich nach getaner Arbeit erst einmal ein Dosenbier. Naiv-trocken, mit einem Augenrollen und —aufreißen, das jedem Stummfilm zur Ehre gereicht hätte, bewegt sich Susanne Betancor alias Thea weiter durch die Story.

Alle Handlungsstränge werden wie immer bei College of Hearts mit liebevoller Gewalt zu einem Ganzen gebogen. Inspektor Haase, der »weiß, was es heißt, eine Frau zu sein«, belehrt die geständigen Ladykillers eines Besseren. Aus jedem Mord macht er einen Unfall. »Er war schließlich auch nur ein Mann«, ist sein liebstes Argument. Frau Grabowski, die mit einer verzweifelt schiebenden Handbewegung zu demonstrieren versucht, wie sie ihrem Gatten die Zahnbürste bis ins Stammhirn gestoßen hat, muß klein beigeben und ein von vorn bis hinten gelogenes Protokoll unterschreiben. »Immer hat er sich über mich lustig gemacht«, schluchzt sie — kein Wunder bei dieser von Klaus Wilmanns verkörperten Jammergestalt.

Fee (Karla Schlenker), die beste Freundin von Thea, eine selbstbewußt auftretende Skandaljournalistin, wittert hinter all den »Unfällen« gezielte Attentate eines Waschmittelkonzerns, bei dem zu ihrem Leidwesen Freund Peer (Wolfgang Böhmer) arbeitet. Bei ihm zu Hause jedoch muß sie einiges einstecken: »rot, grün, gelb, blau — Augen wie ein Regenbogen«, duettieren wunderschön Thea und Fee. »Eine Frau wird obszön durch die Liebe«, so die verständnisvolle Replik der Männer. Aber auch Peer muß kuschen. Frau Henkel, seine Chefin, weißer als weiß, hat einige Fäden in der Hand. Sie hält sich neben den zwei sauberkeitsfanatischen Hunden Aku und Patz noch Peer fürs körperliche Wohlbefinden.

»Der letzte Waschgang« ist eine klassische Seifenoper. Im Stile jener alten Komödien wird generell Werbung durchs Programm gestreut. Die Schauspieler treten dazu kurz aus ihrer Rolle. Einbauen läßt sich alles, irgendein passender Dreh wird schon gefunden, und ein zusätzlicher Witz ist geboren : »Die Frau tritt aufs Gas,der Mann winkt sie ein, und sie fährt und sie fährt in ihren Ehemann hinein. — Das muß nicht sein! Fahrschule am Kreuzberg für verantwortungsvolles Autofahren. Todsicher!«

College of Hearts arbeiten in dieser Produktion erstmalig mit einer außenstehenden Regie, in diesem Fall natürlich einer Regisseurin. Adriana Altaras verbindet die vielfältigen inhaltlichen und stilistischen Mittel; glücklicherweise, ohne daß die Truppe ihren charakteristischen gekonnt eingesetzten Dilettantismus verliert. Denn wie sonst könnte man noch einen Flaschengeist, Schweden, den Missionar aus dem Kongo, einen Männerstrip mit tödlichen Folgen oder den 'Killerschaumskandal' einbauen?

Es ist ein B-Movie: die Musik von Wolfgang Böhmer und Susanne Betancor ist sehr eingängig, die Plausibilität der Handlung unwichtig. Aber genau dadurch wird das erreicht, was erreicht werden soll — eine schrille Zeichnung von Männern und Frauen, herrlich überzogen, bis ins Detail treffend und unverschämt. Eine Aufführung, die Klischees benutzt, ohne sie plattzuwalzen, wunderbar komisch, um nicht zu sagen mordsmäßig komisch. Anja Poschen

»Der letzte Waschgang« des College of Hearts Mittwoch bis Sonntag um 21Uhr in der Ufa-Fabrik — bis zum 3.März.