Luther & Bernard Allison

■ Noch nie im Olympiastadion

Der Blues stirbt nicht aus. Ganz im Gegenteil: Im Moment erlebt diese schwarzamerikanische Musikart wieder mal eine ungewohnte Beliebheitswelle. Nachdem John Lee Hooker in den Charts und im MTV war, ist er jetzt mit Miles Davis im Film-Soundtrack zu »Hot Spot« zu hören, während Gary Moore gerade seine zweite Blues-LP zusammenbastelt, vermutlich wieder mit einigen Veteranen. Robert Cray absolviert diese Woche eine Tournee durch große Konzerthallen zwischen Hamburg und München, und was derzeit an LPs und CDs auf den Markt geschüttet wird, gleicht einer Sturmflut.

Den sogenannten kommerziellen Erfolg hatte Luther Allison, dessen Diskografie inzwischen ein Dutzend LPs umfasst, bislang noch nicht. Die Clubs, in denen Allison spielt, sind zwar seit Jahren immer gerammelt voll, aber in dem von Videoclips dominierten schnellebigen und unübersichtlichen Musikgeschehen ist der Blues letztlich weiterhin ein Mauerblümchen. Allison hat eben nicht so einen Namen wie der eigentlich nur mittelmäßig spielende John Lee Hooker, und so poliert wie derzeit Cray war Allison nie.

Luther wurde 1939 in Arkansas geboren, 1951 zog die Allison-Familie nach Chicago. Bruder Ollie gründete eine Bluesband mit dem Namen Rolling Stones, die nie in einem Olympiastadion spielten, sondern nur lange Nächte in verräucherten Ghettokneipen in Chicago. Aber dort lernte Luther solche Könner wie Magic Sam und Freddie King kennen, dessen Band er dann sogar übernahm. Allison erspielte sich schnell den Ruf eines elektrisierenden Gitarristen, der auch mal über die zwölf Takte des Bluesklischees hinausspielte.

Nach einem kurzen Abstecher nach Kalifornien, wo er Platten mit Sunnyland Slim, Shakey Jake, Mick Taylor und »Wandering John« Mayall aufnahm, wurde er beim renommierten Ann Arbor Blues Festival als der Nachwuchs-Bluesmann schlechthin gefeiert und konnte Anfang der 70er Jahre drei LPs für Motown/Gordy einspielen. Während Allison auf den ersten beiden hauptsächlich bekannte Standards originell bearbeitete, gute Kritiken einheimste und an der Schwelle zum kommerziellen Erfolg stand, war »Night Life« ein frühes Beispiel des mittlerweile inflationären »namedropping«. Aber so illustre Namen wie Dr.John, die Brecker Brothers und Ray Anderson machen eben nicht unbedingt eine gute Platte. Hier kam seine Modifikation des Blues, vermischt mit Gospelgesang, Jimi Hendrix-Eskapaden und Elementen des Hardrock, gut an. Trotz unterschiedlicher Qualität seiner Platten etablierte sich Allison als Live-Künstler, wobei seine Bluesgefühle glaubwürdig von der Bühne kommen.

Der Blues stirbt, wie gesagt, nicht aus. Der Nachwuchs ist zwar recht dünn gesät, Robert Cray etwa oder Billy Branch beim letzten Jazzfest. Luther Allison bringt seinen 26jährigen Sohn Bernard mit, der seit zwei Jahren fest zur Band gehört. Einen eigenen Stil hat bisher noch niemand über Nacht entwickelt, aber Talent hat Allison junior genug und kann sich schon gelegentlich profilieren. Seine Spielfreude ist garantiert noch unverbraucht. Text + Foto: G.Hessig

Um 21 Uhr im Jugendclubhaus Lindenpark