Alle zittern vor »Walter«

■ Ein Hoch bringt die ersten tiefgekühlten Tage des Winters/ Kein Schnee in Sicht/ Kälte bleibt bis Ende nächster Woche/ Run auf Wintersachen

Alle Berliner zittern vor Walter. Nicht der gefallene Bürgermeister mit dem roten Schal ist gemeint, sondern ein Hoch gleichen Namens, das uns seit zwei Tagen eine sehr trockene, kalte Luft beschert. Walters Sonnenschein und eisige Kälte werden das Wetter das ganze Wochenende bestimmen. Auch in der nächsten Woche soll es kalt bleiben.

Keinen Grund zum Lachen haben derzeit die zahlreichen Obdachlosen der Stadt. Die Berliner Sozialverwaltung fragte gestern bei den Bezirken nach, ob es genügend Übernachtungsmöglichkeiten gebe. Das Ergebnis war nach Angaben des Sprechers der Sozialverwaltung, Gallon, »nicht besorgniserregend«, weil keine besondere Nachfrage von Obdachlosen verzeichnet worden sei. Der Sprecher der Ärztekammer, Bersdorf, warnte die Obdachlosen gestern eindringlich davor, die kalten Nächte draußen zu verbringen. Ansonsten sei das Klima jedoch alles andere als gesundheitsschädlich, meinte er weiter. »Die Psyche lebt auf«, hat auch eine Berliner Internistin festgestellt, die ihre übellaunigen, chronischen Patienten in den letzten beiden Tagen, Walter sei Dank, fast nicht wiedererkannte.

Der Gärtnermeister des Botanischen Gartens gab Kleingärtnern den Tip, Rosen und Staudengewächse an der Erdoberfläche mit etwas Laub zu umhäufen. Um die Knospen brauche man sich keine Sorgen zu machen, wenn der Kahlfrost nicht länger als vierzehn Tage anhalte.

Schlittschuhfans müssen sich jedoch noch ein paar Tage gedulden. Die Wasserschutzpolizei warnte gestern vor dem Betreten der Eisflächen, auch wenn die Eisdecke auf den flachen Seen im Tiergarten schon über sechs Zentimeter dick sei. Besondere Vorsicht sei bei den größeren Seen mit Zuflüssen angebracht. In den Käufhäusern standen die Menschen gestern nach Handschuhen, Schals und langen Unterhosen an. Dafür hatten die Kohlen- und Heizölhändler nicht mehr als sonst zu tun: »Wegen des Golfkriegs achten die Leute peinlich genau darauf, daß die Öltanks im Keller immer voll sind«, verriet ein Heizölhändler. Die Pannenhilfe des ADAC leistete Tag und Nacht Starthilfe.

Eine richtiggehende »Hochstimmung« bemerkte gestern der Zoologe Reinhard bei den tropischen Tieren im Zoo wegen des sonnigen Winterwetters. Nur die Flamingos ließen ihre Flügel hängen. Der Grund: Die Vögel, die sonst immer draußen sind, wurden eingesperrt, weil sie sich auf dem zugefrorenen Teich ihre langen, zarten Beine brechen könnten. plu