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Verlieren macht wirklich keinen Spaß

■ Steffi Graf unterlag im Viertelfinale des Turniers von Tokio gegen Gabriela Sabatini mit 6:4, 4:6, 6:7 Der Vorsprung der Weltranglisten-Ersten auf ihre Verfolgerin Monica Seles schmolz auf 24 Pünktchen

Tokio/Berlin (taz) — 4.000 verzückte Japaner applaudieren. Sie huldigen mit Standing ovations ihrem Liebling, der den Jubel dankbar und glücklich in sich aufnimmt. Ein paar Meter weiter — mitten im tosenden Trubel — versucht eine Frau einsam ihren Ärger herunterzuschlucken, während sie mit steinerner Miene aus der Halle schleicht.

Soeben hat Steffi Graf im Hallenturnier von Tokio gegen die Argentinierin Gabriela Sabatini mit 6:4, 4:6 und 6:7 verloren. Die Niederlage ist niederschmetternd, weil ungewohnt für die Weltranglisten-Erste. Im dramatischen Tiebreak des dritten Satzes beugt sie sich knapp, knapper, am knappesten mit 6:8. Der Schmerz sitzt tief und blockiert sportlich faire Gesten: Der traditionelle Händedruck für den Schiedsrichter bleibt aus, Kollegin Sabatini gibt sie nicht am Netz die Hand, sondern erst beim Rauslaufen, die Pressekonferenz findet ohne Steffi Graf statt. Die „Überfliegerin“ des Damen-Tennis der letzten Jahre kauert in ihrer Umkleidekabine, die Hände vor dem Gesicht, stumm, fassungslos.

Kein Kommentar von den Beteiligten. Nur der Masseur analysiert: „Steffi hat momentan einfach kein Glück.“ In Melbourne verlor sie bei den Australian Open gegen Jana Novotna (CSFR) ebenfalls das Viertelfinale und ihren letzten Grand Slam- Titel. In Tokio mußte sie der Ranglisten-Vierten Sabatini nach zwei Stunden und 26 Minuten den Sieg überlassen, die selbstredend voll des Lobes war: „Ein tolles Spiel auf unheimlich hohem Niveau. Ich habe in jedem Moment das Richtige gemacht.“ Steffi Graf spielte zwar von der Grundlinie aggressives Tennis der Extraklasse, war jedoch am Netz zögernd und unkonzentriert. So freute sich die tennisspielende Parfüm-Vertreterin Sabatini: „Steffi ist gut gestartet, aber überlegen war sie nie.“

Das tat genauso weh wie die Schlüsselszene im Tiebreak beim Stand von 5:5: Sabatini stürmt ans Netz, trickst ihre Gegnerin aus, doch die kontert mit einem Rückhand- Topspin, dreht in Siegerpose ab. Der Linienrichter kräht „Aus“, gibt der Argentinierin den Punkt zum 6:5. Spielerin Steffi protestiert, Trainer Slozil reklamiert, Mutter Graf tobt — vergebens. Danach streikten die Nerven der Brühlerin, vermurksten ihr das Spiel und konnten auch mit dem Trost-Scheck von 8.400 Dolar nicht wieder beruhgt werden.

Nun werden die Experten über den Umfang der Misere philosophieren, Psychologen werden aus 12.000 Kilometern Entfernung das seelische Innenleben der trauernden Immer- noch-Weltranglisten-Ersten sezieren. Und dabei hat sie doch nur ein Spiel verloren. Einfach mal nicht gewonnen. Schade ist das, mehr aber auch nicht. bossi

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