Zum Schutze unschuldiger Bürger...

Athen (taz) — „Wegen der Gefahr für das Leben und die Gesundheit unschuldiger Bürger [...] verbieten wir die Veröffentlichung von Bekennerschreiben und jede Art von Erklärungen krimineller Organisationen.“

Mit diesem — mit den Bombenanschlägen der letzten Tage begründeten — Pressemaulkorb von Staatsanwalt Dimitris Tsevas kommt jetzt in Griechenland erstmals das Ende letzten Jahres von der konservativen Regierung verabschiedete Antiterrorgesetz zur Anwendung.

Die seit 15 Jahren aktive „Revolutionäre Organisation 17. November“ führt ihren eigenen kleinen Krieg gegen Firmen und Banken der multinationalen Streitkräfte, die gegen den Irak militärische Aktionen durchführen. Trotz der verschärften Sicherheitsmaßnahmen krachte es innerhalb der vergangenen Woche gleich fünfmal in Athen. Wegen der verwendeten 90-mm-Geschosse entstand dabei beträchtlicher Sachschaden, vor allem an den Gebäuden der British Petrol und der American Express-Bank. Menschen wurden nicht verletzt.

Die Beweggründe des „17. November“ für seine Anschläge konnten die Griechen am 30. Januar in der Athener Tageszeitung 'Eleftherotypia‘ nachlesen. Ihr wurde — wie schon öfter in der Vergangenheit — das Bekennerschreiben zugespielt. Darin erklärte die Untergrundorganisation ihre Anschläge als Reaktion auf das „barbarische, nazistische“ Vorgehen des Westen, bezeichnete Kuwait als „fünfte Kolonne“ und die ganze Golfkrise als Krieg des reichen Nordens gegen den armen Süden.

Geht es nach Staatsanwalt Tsevas, war dieses Bekennerschreiben das letzte, das die Griechen zu Gesicht bekommen haben. Für die Vertreter der Medien bedeutet das Publikationsverbot jedoch nicht einen ersten Schritt zur Terrorbekämpfung, sondern eine klare Einschränkung der Pressefreiheit. Sowohl ein Großteil der Medien als auch die parlamentarische und außerparlamentarische Opposition kritisierte schon während der Debatte um das sogenannte „Anti-Terror-Gesetz“ einige Paragraphen als eindeutig verfassungswidrig. Robert Stadler