Schäuble rüstet zur Inneren Sicherheit

Golfkrieg stärkt Bonner Verfechter von mehr Polizeikompetenzen und weniger BürgerInnenrechten den Rücken/ Schäuble kündigt Ausgaben für BGS wegen erhöhter Terrorgefahr an  ■ Von Ferdos Forudastan

Bonn (taz) — Der Krieg am Golf verschärft auch das innenpolitische Klima im Bundestag. Während der Aussprache über die Regierungserklärung des Kanzlers vom Mittwoch verknüpften Redner der Koalition immer wieder das Geschehen im Nahen Osten mit der „Inneren Sicherheit“. Innenminister Wolfgang Schäuble warnte gleich zu Beginn seiner Rede vor der infolge des Golfkrieges größeren Gefahr von Terroranschlägen. Es seien mehr Sicherheitsmaßnahmen nötig, dem Druck der Terroristen dürfe man nicht nachgeben, gerade jetzt zeige sich, was man am Bundesgrenzschutz (BGS) habe. Schäuble kündigte an, daß der BGS demnächst zusätzliche, polizeiliche Aufgaben bekommt. Paul Laufs, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU- Bundestagsfraktion konstruierte einen „notwendigen inneren Zusammenhang“ zwischen dem Kampf gegen illegalen Rüstungsexport und dem gegen die sogenannte organisierte Kriminalität. Es sei nicht sinnvoll, beides gesondert zu behandeln. Angeblich um der organisierten Kriminalität beizukommen, fordern CDU/CSU und manche SPD-Länder ein Gesetz, das noch mehr Eingriffe in die Freiheitsrechte der BürgerInnen erlaubt: Lauschangriffe etwa, verdeckte Ermittler, eine erweiterte Rasterfahndung. Und auch Klaus Kinkel machte Innenpolitik mit dem Golfkrieg. Der neue Justizminister befand: „Jede Diskussion hört auf, wenn unter der Decke von Friedensdemonstrationen Antiamerikanismus betrieben wird.“

Wenig und kaum konkretes gab es von der Regierungskoalition und ihren Fraktionen zu anderen Schwerpunkten der Rechts- und Innenpolitik. Zur Stasi-Vergangenheit kündigte Innenminister Schäuble vor allem an, daß er unverzüglich Gespräche mit den Fraktionen über den Umgang mit Stasi-Akten aufnehmen wolle. Paul Laufs versprach, alle Betroffenen, könnten demnächst sie angehende Auskünfte vom Sonderbeauftragten erhalten. Überdies würde „unbefugter Umgang“ mit den Akten und ihr unbefugter Besitz bald unter „empfindliche“ Strafe gestellt. Heftige Kritik daran, wie Bonn die Stasi-Vergangenheit „überwältigt“, übte Ingrid Köppe vom Bündnis 90/Grüne. Kanzler Kohl habe sich in seiner Regierungserklärung kaum damit beschäftigt, wie mit den „Unrechtshandlungen“ in der ehemaligen DDR umzugehen sei. Bis heute seien die Forderungen der BürgerInnenbewegungen nicht erfüllt. Ingrid Köppe verlangte eine differenzierte Regelung für den Umgang mit Stasi- Akten, die sowohl das Einsichtsrecht als auch den Datenschutz der Betroffenen gewährleisten müsse. Sie forderte außerdem, die „Opfer der SED-Herrschaft“ zu rehabilitieren und zu entschädigen. Überdies sprach sie sich dafür aus, Verantwortliche zu bestrafen, ohne daß „durch Herausgreifen einiger Schuldiger die Gesellschaft aus der Verantwortung entlassen wird“. Wilfried Penner, innenpolitischer Sprecher der SPD, plädierte ebenfalls für ein Recht auf Einsicht in die Akten. Scharf wandte er sich dagegen, daß die Geheimdienste diese nutzen könnten.

Altbekanntes tauschten CDU/ CSU auf der einen und SPD auf der anderen Seite zum Thema AsylbewerberInnen aus. Wolfgang Schäuble, der Artikel 16 des Grundgesetzes einschränken will, beschwor die „Harmonisierung des Asylrechts in Europa“. Der Sozialdemokrat Wilfried Penner hielt mit dem Argument dagegen, dies würde Flüchtlinge auch nicht aufhalten und rief dazu auf, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Kaum Aufmerksamkeit erregte, was die RednerInnen am gestrigen Vormittag zum anstehenden Aufbau einer West-Verwaltung und Justiz in der ehemaligen DDR sagten, umso mehr, was sich am Rande der Bundestagssitzung entspann. So intervenierte Johannes Gerster, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU mehrmals, um gegen die „Demokratie der Straße“ und den „Mißbrauch des Demonstrationsrechts“ zu hetzen. Ulla Jelpke von der PDS entzog der neue Bundestagsvizepräsident einfach das Rederecht, nachdem sie ihn dafür kritisiert hatte, wie er die Sitzung leitete.