„Abendschau“-Piraten funkten

■ Golfkriegsgegner kaperten Samstag abend die SFB-Fernsehfrequenz/ Das Zubehör für solche Aktionen gibt es bei jedem Elektrohändler

Berlin. Freitag abend, mitten im betulichen ARD-Abendschau-Einerlei, verstummt plötzlich der Kommentar. Während die Kamera die Freßstände der Grünen Woche abschwenkt, schallen den TV-Glotzern zuerst knallharte Punkrhythmen um die Ohren, dann verzerrtes Sirenengeheul. Eine Frauenstimme verkündet aus dem Nichts: »Die Alliierten behaupten, daß es sich um einen gerechten Krieg handelt... Doch die vielen Bomben, die bereits auf Irak abgeworfen wurden, sprechen eine andere Sprache.« Unterdessen laufen die Berichte stumm weiter. Im Bild ein musizierendes philharmonisches Orchester, dazu der Sound von Ton, Steine, Scherben: »Sag mir eins, haben die da oben Stroh oder Scheiße im Kopf?«

Ein Anruf beim SFB zerstörte schnell die Illusion, es könnte sich bei der Aktion um eine avantgardistische Antikriegsdemonstration der Abendschau-Redaktion gehandelt haben. Freche Frequenzpiraten seien da am Werk, empörte sich der diensthabende technische Ingenieur. Aber die Peilwagen der Post seien schon alarmiert. Betroffen waren offenbar die Bezirke Neukölln und Kreuzberg, wie Anrufe überraschter Zuschauer von dort belegten. Angesichts der Dauer der Frequenzbesetzung — zweimal etwa acht Minuten lang — konnte jedoch selbst der SFB- Mann einen gewissen Respekt nicht verhehlen.

Ein versierter Radiofreak bestätigte auf taz-Anfrage jedenfalls, daß zum Bau eines solchen Störsenders nicht viel gehört. »Mit ein paar Kupferlitzen und Kondensatoren ist man dabei. Das kostet nicht mehr als 50 Mark und ist in jedem Elektronikladen zu kriegen.« Ute Thon