Fertige Lösungen sind lächerlich

■ Immer mehr LehrerInnen suchen Hilfe beim Schulpsychologischen Dienst

„Wir reden über nichts anderes mehr“, sagt Uwe Wiest, der Leiter des Schulpsychologischen Dienstes in Bremen, auf die Frage, ob sich der Golfkrieg auch auf seinen Arbeitsalltag auswirke. Seit Herbst ist Wiest Supervisor für Bremer LehrerInnen. An zunächst drei Schulzentren fördert der Bildungssenator modellhaft die Supervision für innerschulische Beziehungsprobleme — und die werden mittlerweile vom Thema Krieg dominiert. „Die Schule ist weder für die Schüler, noch für die Lehrer der richtige Ort, um die tiefsitzenden Ängste auszutragen“, erklärt Dr. Wiest. Viel zu lange sei vernachlässigt worden, daß Lernen auch von Beziehungen abhängt.

Wie erstarrt die immer mehr überalternden Kollegien in ihren Strukturen seien, und wie wenig sich die Pädagogen über ihre Ziele und Methoden austauschen, das zeige sich in den Gruppensitzungen und im ständig steigenden Interesse an der Supervision jetzt ganz deutlich: Die LehrerInnen erzählen von heftigen Auseinandersetzungen, weil der eine an irgendeiner Debatte nicht teilgenommen hat oder die andere sich ein Unterrichtskonzept zum Thema Golfkrieg nicht hat überstülpen lassen. „Jetzt kommt hoch, was sonst sowie so schon immer unter der Oberfläche schwelt“, berichtet der Schulpsychologe. Und manche wollen dann ihre dominanten Ansichten auf die Kollegen übertragen.

Schuldgefühle plagen die LehrerInnen, hat Wiest festgestellt — besonders diejenigen, die sich in der Friedensbewegung engagiert haben. Ob sie nicht schon vor Jahren mit den Demonstrationen hätten anfangen sollen...? Und jetzt auch noch mit der eigenen Angst im Bauch den Schülern gegenüberzutreten, deren Angst zu thematisieren und zu behaupten, man habe sich selbst im Griff — „das ist unglaubwürdig“, bestätigt Wiest ihre Vorbehalte. Ebenso lächerlich könne es nur werden, den SchülerInnen Lösungen vermitteln zu wollen, wie man einen Krieg verhindert. Sich gesprächsbereit zeigen, Nähe herstellen, den Schülern immer wieder Raum geben, sich zu äußern — das sind nach Meinung des Schulpsychologen gangbare Wege für den Unterricht.

Und die Konsequenz aus den widerstreitenden Gefühlen? Was rät der Psychologe, um Ängste, Schuldgefühle und Depressionen mit dem Alltagsleben zu vereinen? Wiest: „Wenn dieser Krieg auch wieder nicht aufgearbeitet, Verantwortliche wieder nicht zur Rechenschaft gezogen werden — dann ist das kaum auszuhalten.“ Sein Kollege (Peter Hegeler) ergänzt: „Dann muß man sich fragen, ob man weiter einen Senat wählt, der die Rüstungsindustrie so sehr fördert und unterstützt.“ ra