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»Abendschau«-Piraten funkten dazwischen

■ Golfkriegsgegner kaperten SFB-Fernsehfrequenz/ Das Zubehör für solche Aktionen gibt's beim Elektrohändler

Berlin. Freitag abend, mitten im betulichen ARD-Abendschau-Einerlei, verstummt plötzlich der Kommentar. Während die Kamera die Freßstände der Grünen Woche abschwenkt, schallen den TV-Glotzern zuerst knallharte Punkrhythmen um die Ohren, dann verzerrtes Sirenengeheul.

Eine Frauenstimme verkündet aus dem Nichts: »Die Alliierten behaupten, daß es sich um einen gerechten Krieg handelt... Doch die vielen Bomben, die bereits auf Irak abgeworfen wurden, sprechen eine andere Sprache.« Schon jetzt habe der Golfkrieg Hunderttausende von Opfern gefordert, und gerade die Zivilbevölkerung sei betroffen, mahnt die Stimme aus dem Off. »Darum: Verlaßt die Werkbänke der Rüstungsindustrie, verweigert Steuern...« Unterdessen laufen die Berichte stumm weiter. Im Bild ist ein musizierendes philharmonisches Orchester, dazu hört man den Sound von Ton, Steine, Scherben: »Sag mir eins, haben die da oben Stroh oder Scheiße im Kopf?«

Etwa acht Minuten dauerte der Spuk, dann lief wieder alles normal. Jedenfalls bis zur Tagesschau. Zu den Kriegsberichten und den ersten Bildern irakischer Opfer dann noch einmal der magische Frauenkommentar. Ein Anruf beim SFB zerstörte schnell die Illusion, es könnte sich bei der Aktion um eine avantgardistische Antikriegsdemonstration der Abendschau-Redaktion gehandelt haben. Freche Frequenzpiraten seien da am Werk, empörte sich der diensthabende technische Ingenieur. Aber die Peilwagen der Post seien schon alarmiert.

Betroffen waren offenbar die Bezirke Neukölln und Kreuzberg, wie Anrufe überraschter Zuschauer von dort belegten. Angesichts der Dauer der Frequenzbesetzung — zweimal etwa acht Minuten lang — konnte jedoch selbst der SFB-Mann einen gewissen Respekt nicht verhehlen. Die Post reagiere immer so langsam, und außerdem seien die Utensilien für einen solchen Sender im Handel frei verkäuflich, beklagte der Ingenieur. Ob die Post in der Nacht noch fündig wurde, war bis Redaktionsschluß nicht zu erfahren.

Ein versierter Radiofreak bestätigte auf taz- Anfrage jedenfalls, daß zum Bau eines solchen Störsenders nicht viel gehört. »Mit ein paar Kupferlitzen und Kondensatoren ist man dabei. Das kostet nicht mehr als 50 Mark und ist in jedem Elektronikladen zu kriegen.« Bauanleitungen fände man in jedem besseren Handbuch.

Ute Thon

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