Bonn schützte Kriegsverbrecher

 ■ Von Walter Jakobs

Münster (taz) — Der in Münster wegen schwerer Kriegsverbrechen angeklagte 87jährige Exil-Lette Bolevslavs Maikovskis hat vom bundesdeutschen Generalkonsulat in New York 1987 in voller Kenntnis seiner Vergangenheit ein Visum erhalten. Dadurch konnte sich der Exil-Lette der drohenden Abschiebung in die UdSSR entziehen. Mit dieser Darstellung überraschte Maikovskis damaliger Anwalt Ivars Berzins am Donnerstag das MÜnsteraner Gericht. Der Anwalt wörtlich: „Wir haben gegenüber dem deutschen Generalkonsul in New York die Karten offen auf den Tisch gelegt.“ Der Generalkonsul habe nach Rücksprache mit der bundesdeutschen Regierung das Visum erteilt. Das Bonner Außenministerium hatte die Kenntnis der näheren persönlichen Umstände immer geleugnet und die Gewährung des Visums damit begründet, daß gegen Maikovskis in der BRD nichts vorgelegen habe. Nach Darstellung von Anwalt Berzins haben die amerikanischen Behörden von dem Visumantrag nichts erfahren, denn, so der Anwalt, „wir befürchteten die sofortige Abschiebung“. Maikovskis war 1965 unter anderem wegen Beteiligung an der im Januar 1942 erfolgten Ermordung der Bewohner des lettischen Dorfes Audrini in Riga in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Der Exil-Lette, der als Polizeioffizier in der Kreisstadt Resekne den Terroreinsatz gegen die Dorfbewohner geleitet haben soll, hatte sich nach dem Krieg über die Bundesrepublik in die USA abgesetzt. Seit 1976 lief in den USA auf Ersuchen der Sowjetunion ein Auslieferungsverfahren, das sich durch mehrere Berufungsinstanzen hinzog und 1986 endgültig mit einer Deportationsanweisung für Maikovskis endete. Eine Ausweisung erfolgte jedoch zunächst nicht. Ausgestattet mit dem bundesdeutschen Visum, setzte sich Maikovskis 1987 in die BRD ab. Erst ein Jahr später kam sein Aufenthalt in Münster ans Tageslicht. Wenig später wurde Maikovskis verhaftet. Seit knapp einem Jahr wird — wie berichtet — in Münster gegen den trotz seines hohen Alters immer noch rüstig wirkenden Mann verhandelt. Die Anklage wirft Maikovskis zusätzlich zur Beteiligung an der Erschießung sämtlicher Dorfbewohner von Audrini die Ermordung des Juden Falk Borcz vor, der auf seinen Befehl hin aufgehängt worden sein soll.