Verstärkte Luftangriffe

■ Flüchtlinge: Zivilisten gezielt angegriffen/ „Ungefährliche“ Gaswolken bei Bombardierung von C-Waffenfabriken/ Irak beschießt Riad und Tel Aviv

Riad/Bagdad (ap) — Das Kriegsgeschehen am Sonntag war von einer Intensivierung der alliierten Luftangriffe auf den Irak bestimmt. Die Militärkommuniqués klangen optimistisch. Iraks Republikanergarde soll wieder einmal schwere Verluste erlitten haben. Eine Einheit dieser Elitetruppe sei „versprengt“ worden, sagte ein amerikanischer Militärsprecher. Mindestens 300 Panzer oder gepanzerte Fahrzeuge seien getroffen worden. Ein britischer Kommandeur sprach von „vernichtenden Besuchen“ auf irakischen Flugplätzen. Bei Angriffen auf Chemiewaffenfabriken und -lagern seien „ungefährliche“ Gaswolken ausgetreten, so der Pressedienst der französischen Streitkräfte. Sie habe sich bald verflüchtigt. Über Zeitpunkt und Ort des Vorfalls wurden keine Angaben gemacht.

In der Nacht zum Sonntag hatte der Irak erneut Raketen auf Israel und Saudi-Arabien abgefeuert. Dabei wurden in Riad 29 Menschen verletzt, als die Trümmer der von einer Patriot-Abwehrrakete abgeschossenen Scud-Rakete herunterfielen. In Israel schlugen Militärangaben zufolge zwei konventionell bestückte Scud-Raketen in der Küstenebene nördlich von Tel Aviv und im israelisch besetzten Westjordanland ein, ohne Schaden anzurichten. Israels Verteidungsminister Mosche Arens kündigte am Sonntag erneut Vergeltung an. Dabei gebe es aber „logistische Probleme“, weil mit Jordanien „noch ein drittes Land“ zwischen Israel und Irak liege.

Flüchtlinge, die nach Jordanien gelangt sind, berichteten von gezielten Angriffe auf Zivilisten. „Wir haben gesehen, wie feindliche Flugzeuge zivile Fahrzeuge, arme unschuldige Menschen bombardierten“, sagte der sudanesische Fahrer Hussein Abdullah Hassan. Er habe Bagdad am Freitag nachmittag verlassen und sei nur in der Nacht gefahren, um Angriffe zu vermeiden. Auch die Jordanierin Fatima Dschamal Dschumaa sagte, sie sei auf der Straße von Kuwait nach Bagdad an zahlreichen brennenden zivilen Wagen vorbeigekommen. Die wichtigste Straßenverbindung zwischen Bagdad und Amman ist nach den Berichten inzwischen weitgehend zerstört.

Die britische 'Sunday Times‘ berichtete, Saddam Hussein habe es seinen Kommandeuren freigestellt, C-Waffen einzusetzen, wenn sie dies für nötig hielten. Am Vortag schrieb die irakische Armeezeitung 'El Kaddisija‘: „Wir werden jede Macht und alle Waffen einsetzen, die uns zur Verfügung stehen, angefangen von Küchenmessern bis zu Massenvernichtungswaffen.“ Die Alliierten rechnen mit dem Einsatz von Nerven- oder Senfgas zu jeder Zeit, heißt es. Britische Einheiten wurden bereits in der vorigen Woche gewarnt, daß bald mit einem Giftgas-Einsatz zu rechnen sei. Einige der chemischen Stoffe könnten nur für wenige Wochen aufgehoben werden. Nach Schätzung der Alliierten verfügt der Irak über 100.000 Artilleriegranaten mit chemischer Ladung.

Unterdessen haben starke Südwestwinde die saudiarabische Entsalzunganlagen vor Iraks biologischer Waffe, der Ölpest, bewahrt. Die von den Irakern in Kuwait ausgelöste Ölverseuchung kam am Samstag 27 Kilometer vor Dschubail, der größten Meerwasserentsalzungsanlage der Welt, zum Stehen. Das inzwischen einsetzende Abdriften des Teppichs gibt den Experten Zeit, den Schutz der Entsalzungsanlagen zu verbessern. Unterdessen trifft immer mehr Ausrüstung zur Bekämpfung der Ölpest in den bedrohten Ländern ein. Nach der Lieferung von 30 Tonnen Material aus Deutschland beteiligten sich auch die USA, Großbritannien, Japan, Norwegen, Holland und Dänemark an Hilfsmaßnahmen. In Frankreich steht 115 Tonnen Material bereit, um den derzeit 150 Kilometer langen und 30 Kilometer breiten Ölteppich abzugrenzen und das Öl von der Wasseroberfläche abzuschöpfen. ten