piwik no script img

Kollektive Reservisten-Verweigerung

■ 224 Kriegsdienstverweigerungen dem Kreiswehrersatzamt übergeben

Gestern morgen 11 Uhr vor dem Kreiswehrersatzamt in der Falkenstraße: Einige Streifenwagen stehen auf dem Parkplatz. Noch ist der Grund ihres Aufmarsches nicht zu erkennen. Doch halt, eine Gruppe von 15 FriedenskämpferInnen schießt um die Ecke und peilt zielstrebig das Hauptportal an. Bewaffnet haben sie sich mit den Listen, auf denen die insgesamt 224 Unterschriften von Reservisten und Wehrpflichtigen stehen. „Ich stehe der Bundeswehr für den Krieg am Golf oder anderswo nicht mehr zur Verfügung“, heißt es da unmißverständlich und auf jeden Fall ziemlich verdächtig.

Gesammelt wurden die Unterschriften am Samstag auf dem Bremer Marktplatz.

Die Übergabe der Papiere erfolgt dann auch vorsichtshalber auf neutralem Boden, in der Eingangshalle neben dem Pförtner unter Aufsicht eines Kollegen in der grünen Uniform. Beteiligt an der Transaktion: Heinrich Theilmann, Rechtsanwalt von der Gruppe „Reservisten verweigern sich“, und Wolfgang Reuter, Leiter des Fachgebiets zwei, das sich mit der personellen Ausstattung der Streitkräfte beschäftigt. Die erste Hürde: Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist ein persönliches Recht und muß deshalb auch persönlich wahrgenommen werden. Ergo, ohne Vollmacht keine Antragsannahme. Ein zweites, nicht minder schwerwiegendes Problem: Jeder Antragsteller hat das Recht auf Einsicht in seine Akten. Wenn aber mehrere Antragsteller zusammen auf einer Liste stehen, kann der Datenschutz nicht mehr gewährleistet werden. Die Übergabe gerät ins Stocken. Ganze zehn Minuten wird Überzeugungsarbeit auf beiden Seiten geleistet. Ergebnis: Die Unterschriftenlisten werden doch angenommen, unter Vorbehalt, wie sich Reuter absichert, und an den entsprechenden Ausschuß weitergeleitet. „Die sollen dann entscheiden wie's weitergeht.“ Denn er habe hier lediglich als „lebender Briefkasten“ fungiert, betont Reuter.

Die Reservisten sind's zufrieden und finden, Wolfgang Reuter habe sich kooperativ verhalten und sei „recht freundlich“ gewesen. Inzwischen hat sich die grüne Truppe vor der Tür, bar jeder Beschäftigung, zerstreut. Erschöpft ziehen sich auch die Parteien zurück. Ein Wermutstropfen, so Reuter, bleibt allerdings für die Beamten, denn „verwaltungsmäßig ist dieser Weg viel aufwendiger als ein Einzelantrag“. bz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen