Kliniken wollen keine Lazarette sein

■ Personalräte der Bremer Krankenhäuser fordern Aufklärung von der Gesundheitssenatorin

„Wir fühlen uns reell verarscht“, erklärt der Personalrat des Zentralkrankenhauses Bremen-Ost. Nach einer Veranstaltung mit der ÖTV war den KrankenhausmitarbeiterInnen klar geworden, daß sie per Notstandsgesetz ganz konkret in Kriegsplanungen einbezogen sind. Das entsprechende Katastrophenschutzergänzungsgesetz, das als letztes Notstandsgesetz verabschiedet wurde, kann die Krankenhäuser im Spannungsfall unter die militärische Regie einer „Rettungsleitstelle“ stellen. Von dort aus wird dann entschieden, welche Patienten in welchen Krankenhäusern behandelt werden.

Außerdem müßte nach dieser Katastrophenschutzbestimmung die Gesundheitsbehörde ermitteln, über welche Nutzungs- und Erweiterungskapazitäten ihre Krankenhäuser verfügen. Bestimmte Patienten könnten vorzeitig entlassen und damit die Betten-Kapazitäten um rund 20 Prozent erhöht werden. Dies sind nur Beispiele, die Rudolf Prahm, der Experte für die Notstandsgesetze in der Bremer Friedensbewegung, den Beschäftigten der Krankenhäuser aufzählte. Das Gesetz ermöglicht auch den „Staatsbruch“ in Apotheken und Arztpraxen.

„Nun dämmert uns, in welch ungeheuerlicher Weise Sie uns mit Ihrer Antwort belogen haben“, stellen die Personalräte deshalb in einem Brief an Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger fest, den sie derzeit von ihren KollegInnen in den Personalräten und ÖTV-Betriebsgruppen der Bremer Krankenhäuser abstimmen lassen, um ihn dann der Senatorin zuzuschicken. Sauer sind die Personalvertreter vor allem, weil die Senatorin ihnen unterstellte, Kranke und Verletzte aufgrund ihrer Nationalität abzuweisen. Das hatte Vera Rüdiger gefolgert, nachdem eine Mitarbeiterinitiative sie aufgefordert hatte, öffentlich klarzustellen, daß die kommunalen Kliniken in Bremen „als Lazarette für Kriegsverletzte aus dem Golf nicht zur Verfügung stehen“.

Die Personalräte und ÖTV- Betriebsgruppen hatten die Gesundheitssenatorin auch aufgefordert, Bremer Krankenhäuser als Kriegslazarette „abzumelden“. Damit wollten sie erreichen, „daß die Militärs den Krieg nicht bedenkenlos für machbar halten können“. Rüdiger hatte geantwortet: Die Krankenhäuser seien nirgends für Kriegsverletzte angemeldet, bedürften also auch keiner Abmeldung. Damit war für sie die Diskussion erledigt. Die KrankenhausmitarbeiterInnen wollen sie jetzt allerdings zur politischen Stellungnahme zwingen. Sie wollen Aufklärung über alle möglichen Katastrophenpläne.

Die Gesundheitsbehörde erklärte der taz, daß die Gesundheitssenatorin politisch bereits Stellung bezogen habe — sie hat die Verabschiedung des Katastrophenschutzergänzungsgesgesetzes vehement (auch mit einer vergeblichen Bundesratsinitiative) abgelehnt. Eine ÖTV-Debatte über diese Bestimmungen sei „im Rahmen des allgemeinen Gesprächsbedarfs“ sehr zu begrüßen. In Kraft treten würden die Gesetze allerdings nur im Verteidigungs- und nicht im Bündnisfall, betonte Senatsdirektor Fritz Dopatka. „Wir treffen keine konkreten Vorbereitungen.“ Birgitt Rambalski