Mütter fordern „Stoppt den Krieg“

Bundesweit schließen sich Mütterzentren und Eltern-Inis gegen den Golfkrieg zusammen/ Vom Vorwurf des „Antiamerikanismus“ lassen sie sich nicht schrecken  ■ Aus München Luitgard Koch

Ein buntgemischter Kinderdemonstrationszug schlängelt sich durch die Stadt. „Kein Blut für Krieg“ heißt es in krakeliger Schrift auf einem Transparent. Ein Szenario, bei dem die Rechten aus der schwarzen Ecke sicher aufheulen und es sofort mit dem Vorwurf „Kinderkreuzzüge“ geißeln würden. Doch das Ganze ist „nur“ eine Kinderzeichnung, mit Wachsstiften gemalt von der achtjährigen Caya. Ihr Vater ist Schwarzer. Daneben hängen Bilder von anderen Kindern. „Bush ist ein Schwein, Saddam ist ein Arschloch“ hat der 10jährige Florian noch unter sein Bild geschrieben. Dieser Satz scheint den Kindern besonders gut gefallen zu haben, denn er kommt immer wieder vor auf ihren Zeichnungen. Die Kinderausstellung hängt seit einer Woche im Münchner „Dritte Welt Café“. Eine der vielen spontanen Reaktionen auf den Krieg. Gleich neben dem Café befindet sich das Mütterzentrum Sendling. „Die sind sehr aktiv im Mütterzentrum“, weiß Regina Mackowiak, die im „Dritte Welt Café“ hinter der Theke steht. War es nach Tschernobyl der atomare Wahnsinn, der dazu führte, daß Mütter aktiv wurden und den Zusammenschluß „Mütter gegen Atomkraft“ entstehen ließ, ist es diesmal der Krieg am Golf, der sie wachrüttelt. „Die Mütter wollen raus aus ihrer Rolle, leider bedarf es dazu immer irgendwelcher Krisen“, weiß Ruth Thon vom Münchner Mütterzentrum. Noch vor Kriegsausbruch verfaßten die Frauen eine Resolution und schafften es, damit auch bei der Verkehrsfunkwelle des Bayerischen Rundfunks B 3 anzukommen. Inzwischen haben sich über die Hälfte der 170 westdeutschen Mütterzentren von Hamburg, Dortmund bis hin in die eher verträumte oberbayerische Kleinstadt Weilheim vernetzt. Zahlreiche Elterninitiativen sind ebenfalls angeschlossen. Telefonketten wurden erfolgreich gebildet und auch schon ein Notpapier zu Schutzmaßnahmen für Kinder bei radioaktiven Unfällen ausgearbeitet. Einige Mütter überlegen sogar, aus Protest die Kinder nicht mehr zur Schule oder in den Kindergarten zu schicken. „Täglich wächst die Anzahl der Mütter, die die Entscheidung über die Zukunft der Menschheit und ihrer Kinder nicht mehr der Rüstungsindustrie und den Politikern überlassen, sondern selbst aktiv werden wollen“, heißt es im neuesten Papier der Frauen. „Weltweit werden Diktaturen aufgerüstet“, stellen die Frauen fest und fragen sich: „Welche wird die nächste sein, die uns gefährden wird?“ Sie fordern ein radikales Umdenken, weg von immer neuen Feindbildern. „In unsere täglichen Sorgen um das Leben unserer Kinder fallen jetzt die immer unerträglicher werdenden Schreckensbilder über diesen Krieg“, versuchen die Frauen ihre Situation zu verdeutlichen. Ihre Befürchtung: „daß das Leben hier auf dem Planeten nicht mehr lebenswert sein wird“. Was sie jedoch nicht schreckt in ihrem Engagement gegen den Krieg, ist der Vorwurf des „Antiamerikanismus“. „Davon lassen wir uns nicht zum Schweigen bringen“, betont Ute Thon.

Kontaktadresse: Mütterzentrum München, Tel. 089/77795