Maler mangels Talent

■ taz-Gespräch mit dem englischen Maler Richard Adams dessen Bilder die Portal-Gallery ausstellt

Richard Adams, 30, mit Zöpfchen, könnte äußerlich als Kunst- Yuppie durchgehen. Ein Blick auf seine Bilder, die zur Zeit in der Portal Gallery am Dobben ausgestellt werden, und zurück in sein Gesicht mit dem zurückhaltenden Lächeln widerlegt den ersten Eindruck. Seine Arbeiten sind allesamt bunt, comic-gleich, wie überschwengliche, heitere Kinderbuch-Illustrationen. Die Menschen in seinen Bildern wirken wie aufgeblasen mit ihren rundlichen Köpfen und Körpern, wie farbige Lebkuchenfiguren.

Adams Farb-Orgien faszinieren, weil sie uns wie Momentaufnahmen aus Märchen ins Kindesalter zurückversetzen können. Alles ist sauber, fröhlich und beinahe aufdringlich harmonisch. Wolken wie Kieselsteine, riesige, fliegende Radieschen oder Salatpflanzen wie Tischtennisschläger, die von Spielzeugtraktoren weggeraspelt werden, so sieht Adams die Welt in seinen Bildern.

Eigentlich wollte er Hubschrauberpilot oder Gehirnchirurg werden, wie viele Kinder, aber seine Lehrer sagten, er könne zeichnen. In das Graphik/ Design-Studium sei er eher hineingeschliddert, auf Biegen und Brechen wollte er gar nicht Maler werden. Später ging er nach London und arbeitete als Buch-und Anzeigen-Illustrator.

taz: Richard Adams, in Deutschland sind sie weitgehend unbekannt. Haben sie im Vereinigten Königreich einen Namen?

Richard Adams: In der Kommerzkunst, also als Illustrator schon, aber nicht als Maler. Von den Bildern, die hier hängen, kann ich nicht leben. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich als Auftragskünstler für Magazine oder Werbeagenturen. Wahrscheinlich werde ich auch nie richtig bekannt. Ich passe wohl mit meiner Verbindung von Kommerz und Kunst nicht in den Rahmen. So tierisch ernst gehe ich da auch nicht 'ran. Sollte ich es nicht bis in die Museen schaffen, bin ich dann auch nicht frustriert.

Das hört sich an wie ein klassisches Vermeidungsverhalten. Deine Bilder sind doch toll, sie strotzen vor Leichtigkeit und Frohsinn.

Ja schon, aber selbst wenn jeder Teenager in Großbritannien ein gedrucktes Poster von mir über'm Bett hängen hätte, würde mir das nicht die Aufnahme in die Royal Academy of Arts bringen. Ich bin kein Peter Blake oder David Hockney. Das Kunst-Establishment kümmert sich nicht um kommerzielle Popularität. Wahrscheinlich bin ich nicht intellektuell genug, sondern zu jungenhaft und kindlich.

Wie bist Du zu Deiner Art zu malen und zu zeichnen gekommen?

Wenn ich es genau nehme, war mein Kunstunterricht ziemlich mies. Ich fand die Lehrer schlecht, aber das habe ich ihnen natürlich nicht gesagt. Zu meinem Stil bin ich von ganz allein gekommen, durch Kunstbände und Ausstellungen. Stanley Spencer und andere Engländer haben mich da inspiriert. Ich verwende meinen Stil auch bei den kommerziellen Arbeiten. Wenn allerdings eine Werbeagentur zu mir sagt, dieses Bild mit dem Auto ist zwar sehr schön, aber das muß in die andere Richtung fahren, oder der Fahrer soll einen gelben Anzug tragen, dann arbeite ich das einfach um. Das macht mir nichts, im Gegenteil, wenn die erklären, daß mein Stil in ihr Werbekonzept paßt, dann gebe ich mir viel Mühe, das ist eine Herausforderung.

Auch wenn jemand fordert: “Mach' das gelb!“ und Du als Künstler haßt zum Beispiel Gelb?

Das sind die Konflikte, die ich ertragen muß. Widerstand kann ich mir nicht leisten, schließlich lebe ich von dem Geld. Ich sage da lieber:“Oh, Gelb? Ja, das mag ich am liebsten.“ Aber zum Glück ist mein Agent da ein guter Puffer zwischen mir und den Kunden.

Ich mache ja auch andere Sachen. Im Augenblick arbeiten wir in der Galerie, der ich im Londoner East-End angehöre, an Postern meiner Bilder. Mit Postern erreicht man viel mehr Menschen. Ich will verkauft werden. Ich stelle mir das so vor. Sollen doch die Wohlhabenden die teuren Einzelstücke kaufen, damit ich auch ein paar Pfund dabei verdiene. Die anderen können sich preiswertere Lithographien oder Drucke zulegen. So kann ich bei vielen Leuten im Wohnzimmer hängen.

Deine Menschen haben fast alle Haare, die in die Luft gehen. Was soll das?

Wenn ich Haare malen oder zeichnen will, frage ich mich immer: Wie sieht das eigentlich auf einem Kopf aus? Ich stilisiere es dann, weil mir nicht viel einfällt. Mit den Mündern mache ich es ähnlich, die wirken wie draufgeklebt. Meine Stilisierungen zeugen halt davon, daß ich kein überragender Zeichner bin. Ich bin da ehrlich, ich könnte nie eine wirklich gute naturalistische Zeichnung abliefern. Mein Stil ist ein Weg vorbei an diesem Problem. Meine Haare oder Münder sind also eher eine Art Ausdruck meiner Unfähigkeit.

Alle Welt redet zur Zeit vom Krieg. Wie gehst Du damit um?

Etwas über den Golfkrieg zu machen, nur um es zu verkaufen, das will ich nicht. Ich male doch keinen Panzer, weil meine Auftraggeber wollten, daß ich ein Werkzeug zum Töten abbilde und sie mir dafür Geld geben. Das heißt aber auch nicht, daß ich im Atelier sitze und den Rest der Welt ignoriere. Aber vielleicht werde ich mich in zehn Jahren mal wundern, wenn ich meine Bilder sehe und denke, daß gerade Krieg war. Interview: Jürgen Francke