Aus Sicherheitsgründen?

■ Ausländerbehörde will Iraker abschieben lassen/ Richter setzt Betroffene wieder auf freien Fuß

Berlin. Weil sie offenbar die Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik im allgemeinen und Berlin im besonderen gefährdet sieht, will die Berliner Ausländerbehörde zwei irakische Staatsbürger abschieben. Beide wurden gestern festgenommen und in der Abschiebehaftanstalt in der Kruppstraße dem Haftrichter vorgeführt. Dort allerdings handelte sich die Behörde prompt eine Schlappe ein: der diensthabende Richter hielt die im Haftantrag dargelegte Begründung für zu vage und zu pauschal — und setzte die beiden Männer, einen TU-Student und einen Journalist, wieder auf freien Fuß. Bei Redaktionsschluß war noch unklar, ob und wie viele weitere Iraker sich in der Abschiebehaftanstalt in der Kruppstraße befinden.

Im Falle des TU-Studenten Waad Khalaf machte die Ausländerbehörde nach Angaben seines Anwalts Peter Noss Kontakte zum irakischen Geheimdienst geltend. Diesen Vorwurf, der durch keinen Anhaltspunkt konkretisiert worden sei, habe der Richter jedoch zurückgewiesen. Von der Abschiebung ist sein Mandant allerdings weiterhin bedroht. Nun wird sich auf Initiative des Anwalts hin das Verwaltungsgericht damit befassen müssen. Khalaf selbst erklärte gegenüber der taz, er sei weder ein Saddam-Anhänger noch ein expliziter Gegner, »aber bloß weil man jetzt zu seinem Land hält, ist man nicht gleich ein Spion«. Bei der Innenverwaltung wollte man lediglich bestätigen, daß gegen zwei Iraker »aufenthaltsbeendende Maßnahmen« eingeleitet worden seien. Auf die Frage nach den Gründen erklärte Senatsrat Lutz Voss lakonisch: »Aus Sicherheitsgründen.«

Der Asta der TU, dessen Mitglieder sich gestern vor Ort in die Kruppstraße begaben, wollte allerdings von neun festgenommenen Irakern erfahren haben. Nach Auffassung der StudentenvertreterInnen sind die Festnahmen der Beginn einer Kriminalisierungswelle. Hier lebende Araber, die gegen den Krieg auf die Straße gingen, sollten auf diese Weise mundtot gemacht werden.

Auch auf die Frage, wohin man die Betroffenen denn abschieben wolle, wollte die Innenverwaltung gestern keine Antwort geben. Daß eine Abschiebung in den Irak aus naheliegenden Gründen nicht möglich ist, hat man dort offenbar realisiert. Dem Haftantrag der Ausländerbehörde ist nach Angaben von Rechtsanwalt Peter Noss zu entnehmen, daß über das Auswärtige Amt bereits »intensive Bemühungen« laufen, ein Drittland zu finden. anb