Über welchen Sicherheitsapparat gebietet Boris Jelzin?

■ Der KGB überwacht den russischen Präsidenten, verhindert Maßnahmen zu dessen Schutz und sabotiert die Arbeit seiner russischen Kollegen INTERVIEW

Alexander Korsakow, Leiter der Sicherheitsabteilung beim Präsidium der russischen Föderation, sprach mit der unabhängigen sowjetischen Presseagentur 'Postfaktum‘.

taz: Erhalten Sie eigentlich Unterstützung von der Unionszentrale des KGB?

Korsakow: Nein, so etwas ist bisher nicht vorgekommen. Wir arbeiten ganz alleine und knüpfen daher große Hoffnungen an einen russischen Sicherheitsdienst, den wir ins Leben rufen wollen. Das russische Parlament ist permanent vom KGB der Union überwacht worden. Bei der letzten Überprüfung des Parlamentsgebäudes haben wir einen Raum entdeckt, von dem aus alles ausspioniert wird. Das haben wir aktenkundig gemacht. Leider können wir nicht das ganze Gebäude untersuchen, weil uns die technischen Gerätschaften fehlen. Wir waren schon dabei, die geeigneten Ausrüstungen im Ausland zu kaufen oder uns schenken zu lassen, aber der Zoll hat die Einfuhr verboten.

Welche Maßnahmen hat der Sicherheitsdienst getroffen, um so einen Autounfall, wie er Jelzin im Sommer passiert ist, auszuschließen?

Kurz nach dem Unfall hat das russische Parlament den stellvertretenden Vorsitzenden des Obersten Sowjet, Ruslan Chasbulatow, dazu autorisiert, die Leitung des Sicherheitsdienstes zu übernehmen. Durch ihn haben wir an die Wachabteilung des KGB einen Brief mit der Bitte geschickt, uns zwei gepanzerte Mercedes (einen in Reserve) für Jelzin zur Verfügung zu stellen. Nach unserer Kenntnis müßte es davon dreizehn Wagen geben, die unter Breschnew und Andropow gekauft worden sind. Einen erhielt der Erste Sekretär des ZK der Armenischen KP, den anderen der Erste Sekretär der Aserbaidschanischen KP, während die anderen leer ausgingen. Kürzlich schickte uns der KGB ein Antwortschreiben, das der Vorsitzende Wladimir Krjutschkow unterschrieben hat. Die Ablehnung unserer Bitte wird damit begründet, daß diese Wagen nur für Staatsbesuche vorgesehen seien. Und davon hätte es in letzter Zeit immer mehr gegeben. Doch seit dem Unfall ist tatsächlich nur der Koreanische Präsident Roe Tae Woo in unserem Land gewesen, und ihm stand ein ZIL zur Verfügung.

Haben Sie ansonsten auch Schwierigkeiten, ihren Sicherheitsdienst angemessen auszurüsten?

Da bleibt vieles zu wünschen übrig. Alles wird von der Führung des KGB der Union blockiert. Seit mehr als zwei Monaten erhalten wir unsere Funkgeräte nicht, die uns eine österreichische Firma umsonst geschickt hat. Der Zoll hat sie einkassiert. Vor etwa einer Woche, als wir endlich vom sowjetischen Ministerium für Kommunikation die Erlaubnis erhielten, eine bestimmte Frequenz zu benutzen, gingen wir zum Zoll, um die Geräte abzuholen. Da stellt sich heraus, daß genau einen Tag zuvor der Untersuchungsbeauftragte für Fälle von besonderer Bedeutung des sowjetischen Staatsanwaltes, Pogorelow, alles konfisziert hat. Bisher haben wir dafür keine Erklärung erhalten. Stellen Sie sich mal vor, daß wir seit über einem halben Jahr keine Funkgeräte haben. Wo in der Welt ist sowas möglich? Wir appellieren an alle Firmen, die die Möglichkeit haben, Funkgeräte durch den Zoll zu bringen, uns zu helfen. Diese Art Hindernisse begegnen uns überall. Der Kreml zum Beispiel liegt auf dem Territorium Rußlands. Wenn Jelzin noch jemanden dorthin mitnehmen will, muß er sich jedesmal von mehreren Generälen dazu eine Erlaubnis holen. Die Nummer 1 Rußlands muß Generäle fragen, ob er jemanden mitbringen darf!

Das Problem mit den Waffen ist einfacher. Ich will nicht behaupten, daß wir voll ausgerüstet wären und alle Waffen hätten, die wir im Moment bräuchten. Aber das ist einfacher, weil die im Lande hergestellt werden und man sie für Rubel bekommt.

Wieviel Mitarbeiter hat ihre Abteilung?

Ich sage es nicht genau. Aber damit Sie vergleichen können: Gorbatschow hat einige tausend bodyguards, während Jelzin nur einige Dutzend bewachen. Um es ganz offen zu sagen. Übersetzung: Klaus-Helge Donath