IG Bergbau muß Mitglieder abgeben

Düsseldorf (taz) — Der DGB-interne Streit um die Organisationsabgrenzungen in den fünf neuen Bundesländern ist entschieden. Am Montag abend beschloß die Schiedsstelle des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), daß in den neuen Ländern im Prinzip dieselbe Organisationsabgrenzung gilt, wie in den alten.

Danach bleibt die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) im Grundsatz weiterhin für die Bereiche „Energie und Wasserversorgung“ zuständig. Zehntausende Arbeitnehmer aus diesem Bereich in der ehemaligen DDR sind zwischenzeitlich individuell der „Industriegewerkschaft Bergbau und Energie“ (IGBE) beigetreten. Möglich geworden war dieser Beitritt, nachdem die IGBE im September 1990 ihren Organisationsbereich — trotz schärfster Proteste durch die ÖTV und anderer DGB-Gewerkschaften — per Satzungsänderung ausgeweitet hatte. Die IG Bergbau landete damit einen Coup, der die DGB-Satzung fundamental verletzte und jetzt nur mittels Schiedsverfahren rückgängig gemacht werden konnte.

Beide Gewerkschaften akzeptierten am Dienstag den Spruch der Schiedskommission, die vom früheren DGB-Chef Ernst Breit geleitet wurde. „Wir bleiben bei unserem Wort und beugen uns diesem Schiedsspruch, obwohl wir ihm in der Sache nicht folgen können und unsere Mitglieder ihn nicht verstehen werden“, sagte der IGBE-Vorsitzende Hans Berger.

Gleichzeitig wies Berger daraufhin, „daß mit dem Schiedsspruch der von der ÖTV bisher behauptete Alleinvertretungsanspruch für die Energiewirtschaft nicht bestätigt worden ist“. Da hat Berger recht. Die — zahlenmäßig unbedeutsamen — Kraftwerke, die unmittelbar mit Bergbaubetrieben verbunden sind, bleiben der IGBE allein erhalten. Von den insgesamt 100.000 Beschäftigten der anderen Energiebetriebe, darunter alle aus der Wasser- und Abwasserwirtschaft, gehören 70.000 — laut Schiedsspruch — zum Organisationsbereich der ÖTV.

Für die restlichen 30.000 Beschäftigten sind bis zum 31. Dezember 1994 beide Gewerkschaften zuständig. Während dieser Zeit soll hier die Organisationsabgrenzung endgültig geregelt werden. Wo diejenigen, die inzwischen der IGBE beigetreten sind, eigentlich aber der ÖTV angehören müßten, am Ende landen werden, ist offen. Nach Darstellung des IGBE-Sprecher Norbert Römer, gehören etwa 60.000 der 100.000 betroffenen Beschäftigten der IGBE an.

Dabei sei klar, daß die IGBE der ÖTV „nicht die Mitglieder auf dem Silbertablett servieren muß“. Die IGBE könne und werde niemanden rausschmeißen. Es gelte das Prinzip der Freiwilligkeit. „Wir haben keine Bringschuld“, sagte Römer wörtlich. Im Schiedsspruch heißt es dazu: „Unabhängig von der grundsätzlichen Entscheidungsfreiheit der Mitglieder sind die Parteien verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß dem DGB- Prinzip ,Ein Betrieb — eine Gewerkschaft‘ Rechnung getragen wird.“ Eine Formulierung, die für die Zukunft vieles offen läßt und einen zähen Kampf um die neuen Mitglieder verspricht.

Walter Jakobs