Talfahrt in die Krise hat sich beschleunigt

■ Mehr als 2,6 Millionen Ostdeutsche ganz oder teilweise arbeitslos/ DGB fordert Sofortprogramm von 60 Milliarden

Berlin (taz) — Die Talfahrt auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt hat sich im Januar beschleunigt. Nach dem neuesten Bericht der Bundesanstalt für Arbeit ist die Zahl der Arbeitslosen in den neuen Ländern im letzten Monat um 115.000 auf 752.000 gestiegen. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 8,6 Prozent. Auch die Zahl der Kurzarbeiter nahm um 61.500 auf jetzt 1.855.500 zu. Mehr als 2,6 Millionen Erwerbstätige in Ostdeutschland sind damit entweder ganz oder teilweise ohne Arbeit, also fast jeder dritte. Für die westliche Bundesrepublik stehen die Zeichen hingegen nach wie vor auf Hochkonjunktur. Mit 89.800 fiel der saisonübliche Anstieg der Arbeitslosenzahlen geringer aus als in früheren Jahren. Die Arbeitslosenquote in Westdeutschland beträgt 7,2 Prozent. Und der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Heinrich Franke, sieht auch jetzt noch „ein hohes Maß an verdeckter und zurückgestauter Arbeitslosigkeit“ in Ostdeutschland.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Engelen-Kefer fühlte sich durch die neuesten Hiobsbotschaften vom ostdeutschen Arbeitsmarkt an Weimarer Verhältnisse erinnert. Der DGB fordert ein „wirtschafts- und beschäftigungspolitisches Sofortprogramm“ in Höhe von 60 Milliarden Mark für die ostdeutschen Bundesländer. Damit sollen vor allem Infrastrukturinvestitionen und Qualifizierungsmaßnahmen finanziert werden. Der andere DGB-Vize, Ulf Fink von der CDU, sieht bei der Bundesregierung die Bereitschaft für einen Sozialpakt zwischen Regierung, den Tarifparteien und ostdeutschen Ländern, um koordiniert die Übergangsprobleme zu bewältigen. Die Praxis der Berliner Treuhandanstalt allerdings läuft vielfach auf radikale Kahlschlagsanierung hinaus. SEITEN 3 UND 10