Keine Gnade für den Trabi

Washington befiehlt Verschrottung für den letzten Trabant in den USA  ■ Von Gerd-Eckard Zehm

New York. Die Regierung läßt ihm noch eine Gnadenfrist von einem Monat, aber dann dürfte seine letzte Stunde geschlagen haben: Der blaßblaue Trabant 601, eines der wenigen Produkte aus der Automobilproduktion der DDR, das je den amerikanischen Kontinent erreichte, muß verschrottet werden, weil das Gesetz es so befiehlt.

Auch die verzweifelten Bemühungen der Autozeitschrift 'Car and Driver‘, den Trabi für ein Museum zu retten, um künftigen Generationen von Amerikanern zu zeigen, wie sich die Deutschen (Ost) unter dem realexistierenden Sozialismus vorwärtsbewegten, dürften vergeblich sein — für die US-Regierung hat das Plastikgefährt aus Zwickau, das im letzten Jahr als Werbegag ins Land kam, nicht einmal Museumswert.

Selbst durch eine landesweite Kampagne unter dem Schlagwort Rettet den Trabant ließen sich die Bürokraten in Washington nicht erweichen. „Das Fahrzeug muß entweder außer Landes gebracht oder zerstört werden“, erklärt Clive van Orden vom Verkehrsministerium in Washington auf Anfrage kurz und bündig. Auf die Straße könne man das automobile Unikum mit dem qualmenden Zweitaktmotor ohnehin nicht lassen, weil es gegen etliche Sicherheitsbestimmungen verstoße, und ein Museum komme als letzte Ruhestätte für das unzeitgemäße Gefährt auch nicht in Frage, weil es zu jung sei. Nach einem erst vor einem Jahr in Kraft getretenen Gesetz darf nämlich in den USA ein Fahrzeug erst dann in ein Museum geschafft werden, wenn es mindestens 25 Jahre alt ist.

Amerikanische Trabi-Freunde halten dies für bürokratischen Unfug, aber Gesetz ist Gesetz. Um das traurige Ende des unerwünschten Imports in letzter Minute vielleicht doch noch zu verhindern, hat 'Car and Driver‘ die Kampagne Rettet den Trabant ins Leben gerufen und ihre Leser um Vorschläge gebeten, was man mit dem Symbol der maroden DDR-Wirtschaft machen könnte. Für die originellsten Ideen sind Preise ausgesetzt.

Hunderte von interessanten Vorschlägen seien eingegangen, berichtet Rich Ceppos, geschäftsführender Herausgeber von 'Car and Driver‘. So sei angeregt worden, den Trabi in Plastik einzugießen, oder ihn in winzige Stücke zu zertrümmern und die Teile auf Buttons zu kleben. Zusammengepreßt und mit einer Glasplatte versehen gäbe der Trabant einen schmucken Couchtisch ab, habe ein anderer Leser gemeint.

Andere hätten gar Videos und Modelle eingesandt, um ihre Ideen zu veranschaulichen. Sogar in Gedichte und Songs hätten Leser ihre Ideen gegossen.

Bevor der Trabi bei 'Car and Driver‘ in Michigan landete, hatte er schon eine abenteuerliche Geschichte hinter sich. Der Chef der in der Nähe von Nürnberg angesiedelten Instrumentenfabrik Warwick, Hans-Peter Wilfer, hatte das Gefährt im letzten Jahr in die USA schaffen lassen, um damit seinen Stand bei einer Musikalienmesse in Chicago zu schmücken. Im Hafen von Boston wurde das Gefährt jedoch zunächst einmal wochenlang vom Zoll festgehalten, weil etwas mit den Begleitpapieren nicht stimmte.

In letzter Minute bekamen Wilfer und der Rocksänger Jacki Resznicek ihr Schaustück frei, verfrachteten es in einen gemieteten Lastwagen und schafften es in einer nächtlichen Fahrt mit vielen Umwegen nach Chicago. Nach der Messe verehrte Wilfer den Trabi der Autozeitschrift, die ihn der Nachwelt erhalten wollte. „Ein Stück Geschichte wie dies müßte man zumindest in ein Museum bringen können“, meint Ceppos, damit die Amerikaner „mit einem gewissen Amüsement sagen können, seht, das kommunistische System hat nicht funktioniert, hier ist ein Beispiel dafür.“

Daß das nicht möglich sein soll, will dem Journalisten nicht in den Kopf. Es sei schon ironisch, meint er, daß der Trabant ausgerechnet im „Land der Freien“ am heftigsten verfolgt werde.