Deutsche Krebshilfe - lesbenfrei

■ Betr.: "Lesbe schadet Image der Krebshilfe", taz vom 1.1.91

betr.: „Lesbe schadet Image der Krebshilfe“ (Cornelia Scheel muß den Verein verlassen, den ihre Mutter ins Leben gerufen hat),

taz vom 1.2.91

Jetzt wissen wir endlich, warum ein Antidiskriminierungsgesetz für schwule und lesbische Menschen überflüssig ist: Schließlich wird keine Lesbe diskriminiert, nur weil sie zufällig lesbisch ist — auch nicht Frau Scheel. Außer, wenn sie ihr Lesbischsein, wie in diesem Fall, gerade mal nicht geheimhält. Oder, wenn sie zufällig was mit einer hat, deren „Schrillheit“ sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht mit dem Seriositätsgebaren einiger Herren der Vorstandsetagen der Deutschen Krebshilfe verträgt. Oder aber auch, wenn sie sich als Tochter eines Altbundespräsidenten vielleicht nicht ganz so benimmt, wie es die vorgenannten Vorstandsherren erwarten würden.

Auf jeden Fall scheint Frau Scheel unter diesen Umständen für Aufgaben mit Außenwirkung nicht mehr geeignet zu sein. Da frage ich mich doch: Wen geht es eigentlich irgend etwas an, wer mit wem in welchem Bett liegt? Und was hat „schrill“ —die Bedeutung dieses Begriffes harrt noch der Definition — mit lesbisch zu tun? Und was hat lesbisch wiederum mit Qualifikation zu tun? Und wer macht eigentlich die Arbeit bei der Deutschen Krebshilfe, Frau von Sinnen oder Frau Scheel?

Frau von Sinnen genießt den Schutz großer Popularität in der Öffentlichkeit, ihre Freundin aber muß sich gefallen lassen, daß man(n) an ihrem Stuhl sägt. Wie die Deutsche Krebshilfe verlauten ließ, geschehe dies jedoch „in beiderseitigem Einvernehmen“. Was wohl darunter zu verstehen ist?

Die Presse, die in diesem Fall dankenswerterweise nicht „sedlmayert, möge sich vielleicht einmal mit dem Privatleben der DK-Vorstände befassen, möglicherweise gibt es da ja noch ungeahnte Überraschungen aufzutun.

Die Deutsche Krebshilfe wird jedenfalls auf meine Spenden in Zukunft verzichten müssen. Dagmar Rummelsberger, Arbeitskreis schwuler und lesbischer Sozialdemokrat/innen, München

Was ist das für eine Seriosität, wenn das Erbe = Geld des ein oder anderen höhergestellt wird als der Wert eines Menschen, der sich voll und ganz für eine gute Sache einsetzt?

Was ist das für eine Seriosität, wenn Geschäftsführer Ebert privat und Beruf nicht trennen kann und einige, wahrscheinlich auch noch „christliche“ Spender dies ebenso nicht können? Sind das nicht gerade die, deren Nachstellungen zig berufstätige Frauen täglich ausgesetzt sind? Ist es nicht sogar seriöser, zu sich und seinem Leben zu stehen, statt, wie in unserer angesehenen Gesellschaft üblich, mehr oder weniger heimlich den Ehepartner zu betrügen, und sei es auch „nur“ durch den wöchentlichen Besuch bei einer Hure?

Unter diesen Gesichtspunkten bin auch ich lieber unseriös, als mich unter die Scheinheiligkeit der Seriösen einreihen zu lassen. Chris Haiss, Frankfurt am Main