: Norbert Blüm, die Waffen und die Moral
■ Anläßlich einer Solidaritätsveranstaltung mit Israel profiliert sich der Sozialminister als Hobby-Philosoph
Düsseldorf (taz) — Zu welchen Denk- und Sprechleistungen Mitglieder der Regierung im Windschatten des „Wüstensturms“ fähig sind, durften gestern etwa 1.500 TeilnehmerInnen einer Pro-Israel-Kundgebung in Düsseldorf auskosten, zu der die dortige jüdische Gemeinde aufgerufen hatte. „Waffen sind keine Waren wie Steine, Holz oder Äpfel“, schmetterte der Sozialminister und Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU, Norbert Blüm, in die Mikros. Deshalb „darf es“ Waffenlieferungen ohne Moral nicht geben. Mit Moral dagegen schon. Denn „der Frieden braucht Waffen, wie der Staat die Polizei braucht“. Die Vereinten Nationen beschwor Blüm als „bewaffnetes Weltgewissen, das sich dem Tyrannen entgegenstellt“.
Wie er in Zukunft bundesdeutschen Waffenexporteuren „Moral einimpfen“ will, ließ Blüm in seiner Rede offen. Der Mann schaute geradeaus: „Meine Vergangenheitsbewältigung heißt Solidarität mit Israels Zukunft!“ Beifall auf dem Platz, der zuvor mit ebenso großer Zustimmung einer nachdenklichen Rede des nordrhein-westfälischen Innenministers, Herbert Schnoor (SPD), gelauscht hatte. Der hatte Solidarität mit Israel, aber auch mit der Friedensbewegung bekundet. Die Kundgebung unter dem Motto „Nie wieder eine schweigende Mehrheit“ hatte bei allen Parteien, beim DGB, den Kirchen und christlich-jüdischen Vereinigungen Unterstützung gefunden. Ephraim Kishon und der Jerusalemer Oberbürgermeister Teddy Kollek wurden telefonisch zugeschaltet. Während Blüm vor dem Düsseldorfer Schauspielhaus die Zukunft Israels zu seiner Sache machte, kümmerten sich die NRW- Grünen um Gegenwart und Vergangenheit. Sie protestierten vor der Düsseldorfer Filiale des US- Unternehmens Foxboro, die nach einem Bericht des 'Stern‘ vom vergangenen August Teile zur Giftgasproduktion in den Irak geliefert haben soll.
Sechs weitere Firmen hatten die Grünen auf ihrer Liste, darunter Rheinmetall, die Thyssen Handels-Union AG und — seit gestern — auch die Thyssen Rheinstahl Technik (TRT), die laut 'Stern‘ am Bau eines Giftgaslabors nahe der irakischen Kleinstadt Salman Pak beteiligt gewesen sein soll. bm
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