“Wir sind keine wilden Reiter“

■ Nostalgische Western-Show für Möchtegern-Rancher mit Pferd und Rind

Pferdesport-Festival in der Bremer Stadthalle, gestern 16 Uhr: Durch die Lautsprecher in Halle 4 tönt leichte Country-Musik. 12 Rinder drücken sich Seite an Seite gegen den Aluminiumzaun der Arena. Mit gesenkten Köpfen, unruhig scharrend, warten sie auf den nächsten Reiter. Pferd Macho Alibi, eines der „Quarter Horses“ beim Westernreiten, nähert sich in leichtfüßigem Trapp. Kay Wienrich, Lokalmatador aus Schwanewede, hält die Zügel einige Zentimeter über dem Hals des Tieres in der linken Hand. Ruhig reiten sie in die Herde. Einige der Rinder laufen zur Mitte des mit Sand und Sägemehl gepolsterten Ovals. Damit hatte Macho Alibi gerechnet: Das Pferd bleibt mit angelegten Ohren vor einem der Rinder stehen. Der Rest ist bereits wieder bei der Herde. Kay Wienrich senkt die Zügel. Das ist das Signal, die eigentliche Arbeit für den Hengst beginnt. Einen Moment lang sehen sich Pferd und Rind in die Augen. Es folgt ein kurzer Täuschungsversuch. Das Rind duckt sich leicht nach vorn, dann nach rechts, macht einen kurzen Sprung nach links und jagt schließlich ein paar Sprünge vorwärts. Doch Macho Alibi parriert. In Sekundenschnelle hat es die Absicht des Ausreißers erkannt, galoppiert ihm nach, überholt und stoppt ihn in einigen Metern Entfernung. Das gleiche wiederholt sich zwei, drei Mal. Erst als der Reiter seinem Pferd durch leichtes Zügelziehen erneut einen Wink gibt, wendet es sich ab.

„Cutting“ wird diese Disziplin des Western-Reit-Sports in der Fachwelt genannt. Abgeleitet ist sie, wie auch die anderen Arten, direkt aus der Arbeitspraxis des amerikanischen Ranchers. Gestern in Halle vier traten jedoch vor allem SportfreundInnen, 12 an der Zahl, aus Bremen und Umgebung an. „Wir sind keine wilden Reiter, sondern wir sind stolz darauf, daß wir pferdgerecht reiten“, betont Axel Kook, Anwalt und Hobbyreiter aus Osterholz- Scharmbeck. Demonstriert werden solle, daß die Pferde für die Arbeit auf der Ranch geeignet sind. Worauf es dabei vor allem ankomme: Das Tier soll zweieinhalb Minuten eigenständig, ohne Zutun des Reiters, „arbeiten“ und dabei so viele Rinder wie möglich mit einem „deep cut“, einem tiefen Schnitt, aus der Herde herausholen. Pluspunkte gibt es für „loose rains“ (lockere Zügel), gutes „driving“ (schnelles Aussondern) und „setting up“ (Rind bleibt in der Mitte der Arena). Für Pferd und Reiter keine Kleinigkeit. Was von der Zuschauerbühne wie ein Spiel aussieht, erfordert nicht selten zwei Jahre lang hartes Training. Und selbst das reicht nicht aus. „Das Pferd muß aus einer bestimmten Züchtung sein“, erklärt Trainerin Marion Smolka, „und all diese Fähigkeiten sozusagen schon als Anlagen im Blut haben.“ Sieger von gestern wurde der Metzger und Hobbyreiter Wiegard Heiner aus Essen.

Vor Beginn der Show hatte es heftige Proteste von Tierschützern gegeben. Der Amtsveterinär hatte deren Bedenken jedoch ausgeräumt. Birgit Ziegenhagen