„Waffenexportlisten — wie ein Who's who der Metallindustrie“

■ IG-Metall-Chef Franz Steinkühler über Rüstungsexport und Rüstungskonversion INTERVIEW

taz: Herr Steinkühler, sie fordern eine Initiative zur Rüstungskonversion. Warum gerade jetzt?

Franz Steinkühler: Wir denken, daß diese Zeit besonders deutlich macht, wohin Rüstungsproduktion und mehr oder weniger unkontrollierter Rüstungsexport führen — nämlich immer zum Ausbruch von Kriegen. Gerade jetzt müssen wir Rüstungskonversion, Exportverbot und Einschränkung der Rüstung fordern.

Auf den einschlägigen Listen über die Rüstungsexporteure in den Irak stehen viele Betriebe aus Ihrem Organisationsbereich. Was können Sie konkret tun?

Die Listen über Waffen- und Rüstungsexporte lesen sich wie ein Who's who der Metallindustrie. Erschreckenderweise muß ich dies feststellen.

Wir können nur nachhaltiger als bisher den Versuch machen, über die Betriebsräte in den Belegschaften ein politisches Bewußtsein dafür herzustellen, was Rüstungsproduktion bedeutet, was es auch als Unsicherheitsfaktor für den Arbeitsplatz bedeutet. Wir können auf diese Weise versuchen, Druck auf die Geschäftsleitungen auszuüben, denn rechtlich haben wir keine Instrumente. Wir können darüber hinaus anhand dieser Listen über die Waffenexporteure konkreter als bisher unsere Forderungen gegenüber der Bundesregierung untermauern.

Diese Forderungen sind: Erstens sollen ab sofort keine Waffen mehr außerhalb von Nato-Ländern exportiert werden, zweitens sollen alle deutschen Unternehmen bei ihren ausländischen Joint- venture-Firmen darauf drängen, daß die strengeren deutschen Gesetze auch bei den Partnerländern akzeptiert werden. Sonst darf eben nicht geliefert werden.

Wir meinen, daß die Situation im Augenblick dazu genutzt werden muß, diese Entscheidungen im Bundestag möglichst rasch, möglichst umfassend durchzukriegen, bevor das vernichtende Kriegsmaterial wieder auf den vorherigen Stand gebracht wird.

Kooperieren Sie mit der Friedensbewegung?

In den konkreten Fragen der Rüstungskonversion haben wir wohl die meiste Erfahrung. Und wir wollen in der Friedensbewegung diese über mehr als zehn Jahre gesammelten Erfahrungen darlegen — all die Schwierigkeiten, die uns dabei im Weg stehen, denn sehr erfolgreich waren wir bislang ja nicht. Das müssen wir leider zugeben.

Allerdings stellen wir jetzt fest, daß der Druck in den Betrieben, unterstützt von der öffentlichen Meinung, seit einiger Zeit dazu führt, daß auch die Unternehmensvorstände sich bequemen, unseren Konversionsarbeitskreisen in den Betrieben positiver gegenüberzustehen, teilweise mitzuarbeiten statt zu blockieren.

Was sind Ihre nächsten konkreten Schritte?

Wir haben die Bundesregierung und die Regierungen der Länder mit hohem Rüstungsanteil mit konkreten Vorschlägen angeschrieben. Bislang haben erst einige Länder geantwortet. Bei den noch ausstehenden Länern werden wir anmahnen.

Wir fordern öffentliche runde Tische zur Rüstungskonversion, wo die Rüstungsindustrie, die Regierung, die Gewerkschaften und andere Interessierte teilnehmen sollen. Wo es geht, wollen wir die Beratungen sofort praktisch angehen, um auch die Länder, die vermutlich ablehnen werden, in Zugzwang zu bringen. Interview: Martin Kempe