NOMOS-Mozart begeisterte

■ Zyklus-Premiere mit dem jungen Quartett

Das NOMOS-Quartett und die Hochschule für Künste bieten im Mozart-Jahr eine Reihe von fünf Konzerten an, in denen die zehn großen Streichquartette Mozarts mit Werken der 80er Jahre konfrontiert werden. Nach der Premiere am Freitagabend in der Sparkasse am Brill verspricht dieser Zyklus, der wohl bedeutendste Bremer Mozart-Beitrag des Jahres zu werden.

Das noch junge NOMOS-Quartett ist auf dem besten Wege, sich als eines der besten Quartette zu etablieren. Meiner Meinung nach zeichnet es sich vor allem durch seine Bereitschaft aus dazuzulernen, Interpretationen immer wieder zu aktualisieren.

So betrieb NOMOS für seine Mozart-Neubegegnung Extrastudien in Sachen „alte Musik“ (unter anderem bei Nikolaus Harnoncourt), bat zahlreiche Musikwissenschaftler um Diskussionsbeiträge und schaffte so ein ganz neues, stabiles Fundament. Das Ergebnis dieses Interpretationsansatzes ist sensationell und verspricht, für unser Musikverständnis der Neunziger richtungsweisend zu werden.

In der Aufführung der Quartette G-Dur KV 387 und d-moll 421 konnte man hören, was es heißt, wenn die Interpreten wirklich die aufführungspraktische Bandbreite von 200 Jahren verinnerlicht haben. Es entsteht ein „ganzheitlicher Kompromiß“, der bedeutet, von dogmatischem Historismus wie Romantizismus abzurücken und alten Werken gerecht zu werden, ohne die Interpretationserfahrungen unserer Zeit zu vernachlässigen. 200 Jahre Aufführungspraxis

Angesichts einer so revolutionären Mozart-Interpretation ist zu hoffen, daß sich diese Erkenntnis bald im Musikleben niederschlägt, zum Beispiel in der Ausbildung: Wann reißt man hier endlich Mauern ein und bildet etwa Orchesterstreicher auch an alten Instrumenten aus?

Die „30 Stücke“ von John Cage spielte NOMOS ebenfalls mit unglaublicher Perfektion und Virtuosität. Das anstrengende Werk, musiziert aus den vier Saalecken, bot überdies eine einmalige Klangerfahrung perfekter Quadrophonie und unterstrich durch den aufregenden Kontrast zu Mozart erfolgreich das NOMOS-Konzept. Nach dem Konzert waren die Hörer vor Begeisterung aus dem Häuschen. Für mich war es eines der bedeutendsten und schönsten Konzerte, die ich je gehört habe. Gunnar Cohrs