: Das Lieblingspuzzle
■ Der Rundfunkbeirat diskutierte über die Programmlage des Hörfunks
Das monatelange Lieblingspuzzle aller Medienamateure und Profis — wer bildet mit wem eine Mehrländeranstalt für Rundfunk in den neuen Ländern? — ist auf Ministerpräsidenten-Ebene angelangt, das Verwirrspiel aber nur halb gelöst. Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt tun sich per Spruch ihrer Länderchefs zusammen. Bleibt nur, die Zustimmung der jeweiligen Parlamente einzuholen. Flugs einigten sich nun die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg auf ein Gleiches. Mecklenburg-Vorpommern, nun Zünglein an der Waage, grübelt, bzw. schwankt. Zwischen NDR (darin drei Länder SPD-regiert) und Berlin (CDU)/Brandenburg (SPD). Die in den Altbundesländern vorgeschriebene Parteienferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist somit in den neuen Ländern vorerst dahin.
Das ehemalige Fernsehen und der Hörfunk, genannt „die Einrichung“, wieder von Parteien regiert? Deren Chef, der Rundfunkbeauftragte Rudolf Mühlfenzl (CSU), hat, laut Einigungsvertrag, ein von allen Parlamenten gewähltes demokratisches Organ an seiner Stelle, den Rundfunkbeirat. Der aber soll sich, einem Gutachten des Bundesministeriums des Innern zufolge, als demokratische Krücke sehen: beraten ja, entscheiden nein. Was tut man, wenn man nichts zu melden hat? Man teilt sich auf in Arbeitsgruppen, sprich in drei Ausschüsse (Finanzen, Personalstruktur und Programm). Die tagen dann in viel zu großen Abständen (der Rundfunkbeirat ist einmal monatlich geplant) und bemängeln oder bestätigen oder empfehlen. Ihre Durchsetzungskraft, ihre Chance, gehört zu werden, tendiert gegen null. In der Sitzung des Programmausschusses unter Vorsitz Günter Gaus standen am 7.Februar u.a. die Programmlage des Hörfunks und auf der Tagesordnung. Die Zukunft der Sender Radio Aktuell, Berliner Rundfunk, dt 64 und DS Kultur war knapp und klar in jeweils vier Varianten beschrieben.
Positivste Variante: Übernahme jeweils eines Senders in eine künftige Mehrländeranstalt. Negativste und letzte Abart: Sukzessive Auflösung und Übergabe der Frequenzen an die Länder. In diesem Spektrum liegt das Schicksal von 553 MitarbeiterInnen des Hörfunks. Gleiches gilt, nur in bedeutend höherer Zahl, für die MitarbeiterInnen der DFF Länderkette. Die Ausschußmitglieder warnen vor dieser Gefahr. Sie favorisieren ein volles Fernseh- und Hörfunkprogramm für jedes Land und ein Programm in Kooperation mit anderen Ländern. Wie weit jedoch die Stimme eines Einzelnen im Parlament dringt, ist fraglich.
Große Vorbehalte im Programmausschuß auch gegen das Selbstverständnis des SFB, gegen seinen quasi Alleinvertretungsanspruch für Berlin und für Brandenburg gleich mit. Daß der SFB dabei noch durch das Koalitionspapier von CDU und SPD Berlin unterstützt wird, in dem es heißt, daß „die Übernahme redaktioneller Mitarbeiter im Einzelfall ermöglicht werden soll“, beweist erneut den Vorgriff der Politiker auf föderale Rundfunkstrukturen und ein unverfrorenes Hinwegsetzen über die Interessen anderer Länder. Bleibt zu hoffen, daß die Mitglieder des Rundfunkbeirats in den Parlamenten ihrer Länder durch sachliches und differenziertes Aufzeigen der Probleme eine höhere Sensibilität gegenüber Medienpolitik erreichen. Bleibt zu hoffen, daß die Öffentlichkeit mehr als bisher ihr Recht auf Information und Mitbestimmung einfordert. K.Gehring
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